10. Konvergenz in metrischen Räumen


 

10.1 Konvergente Folgen

 

10.1.1 Definition von Konvergenz

 

Im Folgenden bezeichne \[ \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots} \] eine Zahlen- oder Punktfolge.

 

Definition: Es sei \( (X,d) \) ein metrischer Raum. Eine Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) heißt konvergent gegen \( x\in X, \) falls zu jedem \( \varepsilon\gt 0 \) ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) existiert mit \[ d(x^{(k)},x)\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ k\ge N(\varepsilon). \]

 

Bemerkung: Die Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) konvergiert also genau dann gegen ein \( x\in X, \) falls zu jeder offenen Umgebung \( U\subset X \) von \( x \) ein \( N\in\mathbb N \) existiert mit \[ x^{(k)}\in U\quad\mbox{für alle}\ k\ge N. \]

 

Satz: Der Grenzwert \( x\in X \) einer konvergenten Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) eines metrischen Raumes \( (X,d) \) ist eindeutig.

 

Beweis

 

Seien nämlich \( x,y\in X \) zwei Grenzwerte der Folge. Die Dreiecksungleichung liefert \[ 0\le d(x,y) \le d(x,x^{(k)})+d(x^{(k)},y) \longrightarrow 0 \quad\mbox{für}\ k\to\infty\,. \] Also gilt notwendig \( x=y.\qquad\Box \)

 

 

Im Fall der Konvergenz schreiben wir \[ x:=\lim_{k\to\infty}x^{(k)} \quad\mbox{oder}\quad x^{(k)}\longrightarrow x\ \mbox{für}\ k\to\infty\,. \]

 

Beispiel: Betrachte den \( \mathbb R^n \) mit der Euklidischen Metrik \[ d(x,y)=\left(\,\sum_{k=1}^n(x_k-y_k)^2\right)^\frac{1}{2}\,,\quad x,y\in\mathbb R^n\,. \] Eine Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset\mathbb R^n \) konvergiert genau dann gegen ein \( x\in\mathbb R^n \) in \( (\mathbb R^n,d), \) falls zu jedem \( \varepsilon\gt 0 \) ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) existiert mit \[ |x_\ell^{(k)}-x_\ell|\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ k\ge N(\varepsilon) \] und alle \( \ell=1,2,\ldots,n. \)

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

10.1.2 Charakterisierung abgeschlossener Mengen

 

Mit Hilfe des obigen Konvergenzbegriffs lassen sich abschlossene Teilmengen in metrischen Räumen wie folgt charakterisieren:

 

Satz: Es sei \( (X,d) \) ein metrischer Raum. Eine Teilmenge \( U\subseteq X \) ist genau dann abgeschlossen, wenn für jede konvergente Folge \( \big\{x^{(k)}\big\}_{k=1,2,\ldots}\subset U \) mit \( x^{(k)}\to x\in X \) für \( k\to\infty \) gilt \[ \lim_{k\to\infty}x^{(k)}=x\in U. \]

 

Beweis

 

Wir geben nur eine Beweisskizze und gehen dazu in zwei Schritten vor.

1. Ist \( U \) abgeschlossen, so folgt \( x\in U. \) Andernfalls wäre \( x\in X\setminus U, \) und da \( X\setminus U \) offen ist, bildet \( X\setminus U \) eine Umgebung von \( x. \) Nach der Bemerkung nach der Definition in Paragraph 10.1.1 existiert ein \( \ell\in\mathbb N \) mit \( x^{(\ell)}\in X\setminus U \) im Widerspruch zu \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset U. \)
2. Nun gelte \( x^{(k)}\to x\in U \) für beliebige konvergente Folgen \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset U. \) Wir zeigen, dass \( X\setminus U \) offen ist und schließen daraus, dass \( U \) abgeschlossen ist. Wähle hierzu ein \( z\in X\setminus U. \) Falls nun für jedes \( \varepsilon\gt 0 \) gelten würde

\[ B_\varepsilon(z)\cap U\not=\emptyset\,, \]

  so finden wir zu jedem \( k\in\mathbb N \) ein \( z^{(k)}\in U \) mit (als Übung auszuführen)

\[ d(z^{(k)},z)\lt\frac{1}{k}\,,\quad k=1,2,\ldots \]

  Das bedeutet aber \( z^{(k)}\to z \) bzw. nach Voraussetzung \( z^{(k)}\to z\in U \) im Widerspruch zur Annahme \( z\in X\setminus U. \) Es existiert also ein \( \varepsilon\gt 0 \) mit

\[ B_\varepsilon(z)\cap U=\emptyset \quad\mbox{bzw.}\quad B_\varepsilon(z)\subset X\setminus U, \]

  d.h. \( X\setminus U \) ist offen und \( U \) ist abgeschlossen.

 

Damit ist alles gezeigt.\( \qquad\Box \)

 

 

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10.1.3 Aufgaben

 

Aufgaben - Definition von Konvergenz

 

Aufgabe 10.1.1: (Konvergente Folgen im \( \mathbb R^3 \))

Wir betrachten den metrischen Raum \( (\mathbb R^3,d) \) mit der Euklidischen Metrik \( d(x,y). \) Entscheiden Sie, ob folgende Folgen \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}, \) gegeben durch die Elemente \( x^{(k)}, \) in \( (\mathbb R^3,d) \) konvergieren, und bestimmen Sie ggf. den Grenzwert.

(i) \( \displaystyle x^{(k)}=\left(1,\frac{1}{k}\,,\frac{k}{1+k}\right) \)
(ii) \( \displaystyle x^{(k)}=\left(\frac{1}{k},e^{-\,\frac{1}{k}}\,,\ln\left(1+\frac{1}{k}\right)\right) \)
(iii) \( \displaystyle x^{(k)}=\left(\sin\frac{1}{k}\,,\tan\frac{1}{k^2}\,,\sinh\frac{1}{k^3}\right) \)

 

Lösung

 

(i) Die Folge ist konvergent mit

\[ \lim_{k\to\infty}x^{(k)}=(1,0,1). \]

(ii) Die Folge ist konvergent mit

\[ \lim_{k\to\infty}x^{(k)}=(0,1,0). \]

(iii) Die Folge ist konvergent mit

\[ \lim_{k\to\infty}x^{(k)}=(0,0,0). \] Das war zu zeigen.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgabe 10.1.2: (Konvergent oder nicht konvergent?)

Wir betrachten den metrischen Raum \( (\mathbb R^3,d) \) mit der Euklidischen Metrik \( d(x,y). \) Entscheiden Sie, ob folgende Folgen \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}, \) gegeben durch die Elemente \( x^{(k)}, \) in \( (\mathbb R^n,d) \) konvergieren.

(i) \( \displaystyle x^{(k)}=\left(\sum_{j=1}^k\frac{1}{j^2}\,,\frac{1}{k}\,\sum_{j=1}^k\frac{1}{j^2}\,,\frac{1}{k^2}\,\sum_{j=1}^k\frac{1}{j^2}\right) \)
(ii) \( \displaystyle x^{(k)}=\left(\sum_{j=1}^k\frac{1}{j}\,,\sum_{j=1}^k\frac{1}{j^2}\,,\sum_{j=1}^k\frac{1}{j^3}\right) \)

 

Lösung

 

(i) Die Folge ist konvergent, denn wir kennen aus der Vorlesung Analysis 1 die Konvergenz

\[ \lim_{k\to\infty}\sum_{j=1}^k\frac{1}{j^2}\lt\infty\,. \]

(ii) Die Folge ist nicht konvergent, da die harmonische Reihe in der ersten Komponente nicht konvergiert.

 

Das war zu zeigen.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgaben - Charakterisierung abgeschlossener Mengen

 

Aufgabe 10.1.3: (Abgeschlossenheit reeller Zahlenintervalle)

Entscheiden Sie, ob die folgenden Mengen im metrischen Raum \( (\mathbb R,d) \) mit der gewöhnlichen Betragsmetrik \( d(x,y)=|x-y| \) abgeschlossen sind unter Benutzung des Kriteriums aus Paragraph 10.1.2.

(i) \( U=(0,1] \) (ii) \( U=[0,1] \)

 

Lösung

 

(i) Es ist \( U \) nicht abgeschlossen, denn bereits die Folge

\[ \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset U \quad\mbox{mit}\quad x^{(k)}:=\frac{1}{k}\,,\ k=1,2,\ldots, \]

  konvergiert zwar gegen \( 0\in\mathbb R, \) aber es ist \( 0\not\in U. \)
(ii) Es sei \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset U \) eine beliebige, in \( (\mathbb R,d) \) gegen ein \( x\in\mathbb R \) konvergente Folge. Angenommen, es gilt \( x\not\in U. \) Da

\[ \mathbb R\setminus U=(-\infty,0)\cup(1,\infty) \]

  als Vereinigung zweier offener Mengen selbst wieder offen ist, existiert ein \( \varepsilon\gt 0 \) mit

\[ B_\varepsilon(x)=\{y\in\mathbb R\,:\,|x-y|\lt\varepsilon\}\subset\mathbb R\setminus U. \]

  Da aber wegen der Konvergenz der Folge ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) existiert mit

\[ |x^{(k)}-x|\lt\frac{\varepsilon}{2}\quad\mbox{für alle}\ k\ge N(\varepsilon), \]

  folgt \( x^{(k)}\not\in U \) für alle \( k\ge N(\varepsilon) \) und damit \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\not\subset U \) im Widerspruch zur Voraussetzung. Also gilt \( x\in U, \) und nach dem Satz aus Paragraph 10.1.2 ist \( U \) abgeschlossen.

 

Damit ist alles gezeigt.\( \qquad\Box \)

 

 


 

 

10.1.4 Wiederholungsfragen

 

1. Wann heißt eine Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) in einem metrischen Raum \( (X,d) \) konvergent gegen ein Element \( x\in X? \)
2. Beweisen Sie, dass der Grenzwert einer konvergenten Folge in einem metrischen Raum eindeutig ist.
3. Welche Charakterisierung abgeschlossener Mengen in metrischen Räumen kennen Sie?

 


 

10.2 Banachräume

 

10.2.1 Cauchyfolgen

 

Fundamental für die Analysis ist der folgende Begriff.

 

Definition: Es sei \( (X,d) \) ein metrischer Raum. Eine Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) heißt Cauchyfolge, falls zu jedem \( \varepsilon\gt 0 \) ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) existiert mit \[ d(x^{(m)},x^{(n)})\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ m,n\ge N(\varepsilon). \]

 

Vergleichen Sie diese Definition mit der Definition einer reellen Cauchyfolge aus der Vorlesung Analysis 1. Auch hier gilt der

 

Satz: Jede im Sinne von Paragraph 10.1.1 konvergente Folge eines metrischen Raumes ist eine Cauchyfolge.

 

Einen Beweis dieser Aussage belassen wir als Übungsaufgabe.

 

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10.2.2 Definition von Vollständigkeit

 

Aus der Analysis 1 wissen wir, dass im metrischen Raum \( (\mathbb R,|\cdot|) \) mit der Betragsmetrik die Aussage des Satzes aus dem vorigen Paragraphen auch umgekehrt werden kann (Vollständigkeit der reellen Zahlen). Das führt uns zu der

 

Definition: Ein metrischer Raum \( (X,d) \) heißt vollständig oder ein Banachraum, falls jede Cauchyfolge aus \( X \) auch in \( X \) konvergiert.

 

Satz: Der normierte Vektorraum \( \mathbb R^n \) ist vollständig.

 

Beispiel: Betrachten den metrischen Raum \( (X,d) \) mit \( X=(0,1] \) und \( d(x,y)=|x-y|. \) Dann ist \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) mit \[ x^{(k)}:=\frac{1}{k}\,,\quad k=1,2,\ldots, \] eine Cauchyfolge, denn zu \( \varepsilon\gt 0 \) ermitteln wir \[ d(x^{(m)},x^{(n)}) =\left|\frac{1}{m}-\frac{1}{n}\right| \le\frac{1}{m}+\frac{1}{n} \le\frac{2}{N(\varepsilon)} \lt\varepsilon \] für alle \( m,n\ge N(\varepsilon) \) und geeignet gewähltem \( N(\varepsilon)\in\mathbb N. \) Es konvergiert die Folge aber nicht in \( X. \) Wäre nämlich \( x\in X \) ein Grenzwert der Folge, so berechnen wir für alle \( n\ge\frac{2}{x} \) \[ d(x^{(n)},x) =\left|\frac{1}{n}-x\right| =x-\frac{1}{n} \ge\frac{x}{2}\,, \] d.h. es gilt nicht \( d(x^{(n)},x)\to 0 \) für \( n\to\infty. \)

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

10.2.3 Der Cantorsche Durchschnittssatz

 

Wir kommen nun zu einem zentralen Resultat der Mengenlehre. Betrachte einführend dazu die reellen, abgeschlossenen, nichtleeren und ineinander geschachtelten Teilintervalle \[ U_k=\left\{x\in\mathbb R\,:\,0\le x\le\frac{1}{k}\right\},\quad k=1,2,\ldots \] Offenbar ist der Punkt \( 0\in\mathbb R \) Element jedes dieser \( U_k, \) d.h. \[ 0\in U_1\cap U_2\cap U_3\cap\ldots \]

 

Definition: Sei \( U\subseteq X \) eine Teilmenge eines metrischen Raumes \( (X,d). \) Dann verstehen wir unter ihrem Durchmesser den Ausdruck \[ \mbox{diam}\,U:=\sup\,\{d(x,y)\,:\,x,y\in U\}\,. \]

 

Nun zu dem angekündigten Resultat.

 

Satz: Es sei \( (X,d) \) ein vollständiger metrischer Raum. Ferner sei \[ U_1\supset U_2\supset U_3\supset\ldots \] eine Folge nichtleerer, abgeschlossener und ineinander geschachtelter Teilmengen mit der Eigenschaft \[ \lim_{k\to\infty}\mbox{diam}\,U_k=0. \] Dann existiert genau ein Punkt \( x\in X \) mit \( \displaystyle x\in\bigcap_{k=1}^\infty U_k. \)

 

Beweis

 

Wir gehen in zwei Schritten vor.

1. Die Eindeutigkeit belassen wir als Übung. Dazu ist die Annahme zweier verschiedener Punkte \( x\not=y \) mit den genannten Eigenschaften vermittels des Hausdorffschen Trennungsaxioms zu einem Widerspruch zu führen.
2. Wir kommen zur Existenz: Zu jedem \( \ell=1,2,\ldots \) wähle ein \( x^{(\ell)}\in U_\ell. \) Da

\[ d(x^{(m)},x^{(n)})\le\mbox{diam}\,U_N \quad\mbox{für alle}\ m,n\ge N, \]

  bildet \( \{x^{(\ell)}\}_{\ell=1,2,\ldots}\subset X \) eine Cauchyfolge. Wegen der Vollständigkeit von \( (X,d) \) existiert also ein \( x\in X \) mit \( x^{(\ell)}\to x \) für \( \ell\to\infty. \) Fixiere nun ein beliebiges \( k\in\mathbb N. \) Da \( x^{(n)}\in U_k \) für alle \( n\ge k \) gilt auf Grund der Einschachtelungseigenschaft der \( U_k, \) und da alle \( U_k \) nach Voraussetzung abgeschlossen sind, folgt

\[ \begin{array}{l} \{x^{(n)},x^{(n+1)},\ldots\}\subset U_k\quad\mbox{und somit} \\ x\in U_k\quad\mbox{für alle}\ k=1,2,\ldots \end{array} \]

 

Das war zu zeigen.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

10.2.4 Aufgaben

 

Aufgaben - Cauchyfolgen

 

Aufgabe 10.2.1: (Konvergente Folgen sind Cauchyfolgen)

Es seien \( (X,d) \) ein metrischer Raum und \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) eine gegen ein \( x\in X \) konvergente Folge. Beweisen Sie, dass dann \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots} \) auch eine Cauchyfolge in \( X \) ist.

 

Lösung

 

Es sei \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) eine gegen \( x\in X \) konvergente Folge. Zu vorgegebenem \( \varepsilon\gt 0 \) existiert dann ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) mit \[ d(x^{(k)},x)\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ k\ge N(\varepsilon). \] Mit Hilfe der Dreiecksungleichung ermitteln wir nun \[ d(x^{(m)},x^{(n)}) \le d(x^{(m)},x)+d(x,x^{(n)}) \lt\varepsilon+\varepsilon =2\varepsilon \] für alle \( m,n\ge N(\varepsilon). \) Also ist \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots} \) eine Cauchyfolge.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgabe 10.2.2: (Konvergente Teilfolgen von Cauchyfolgen)

Es seien \( (X,d) \) ein metrischer Raum und \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) eine Cauchyfolge in \( X. \) Ferner existiere eine konvergente Teilfolge \[ \{x^{(k_\ell)}\}_{\ell=1,2,\ldots}\subset\{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \] mit der Eigenschaft \( \displaystyle\lim_{\ell\to\infty}x^{(k_\ell)}=x\in X. \) Beweisen Sie, dass dann auch gilt \[ \lim_{k\to\infty}x^{(k)}=x\in X. \]

 

Lösung

 

Zu vorgegebenem \( \varepsilon\gt 0 \) existiert ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) mit \[ d(x^{(m)},x^{(n)})\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ m,n\ge N(\varepsilon), \] da \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots} \) eine Cauchyfolge ist, als auch \[ d(x^{(k_\ell)},x)\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ \ell\ge N(\varepsilon), \] da \( \{x^{(k_\ell)}\}_{\ell=1,2,\ldots} \) gegen \( x\in X \) konvergiert. Mit der Dreiecksungleichung fassen wir zusammen \[ d(x^{(m)},x) \le d(x^{(m)},x^{(k_\ell)})+d(x^{(k_\ell)},x) \lt\varepsilon+\varepsilon =2\varepsilon \] für alle \( m,\ell\ge N(\varepsilon). \) Also ist auch \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots} \) konvergent gegen \( x\in X\qquad\Box \)

 

 

Aufgaben - Definition von Vollständigkeit

 

Aufgabe 10.2.3: (Vollständigkeit des abgeschlossenen Einheitsintervalls)

Beweisen Sie, dass der metrische Raum \( (X,d) \) mit \( X=[0,1] \) und \( d(x,y)=|x-y| \) vollständig ist.

 

Lösung

 

Es sei \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset[0,1] \) eine Cauchyfolge. Auf Grund der Vollständigkeit der reellen Zahlen ist diese Folge auch konvergent gegen ein \( x\in X, \) und da \( [0,1]\subset\mathbb R \) abgeschlossen ist, gilt \( x\in[0,1] \) nach Paragraph 10.1.2. Also ist \( (X,d) \) vollständig.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgabe 10.2.4: (Beispiel eines unvollständigen Raumes I)

Vorgelegt sei der Raum \( (\mathbb R,d) \) mit \[ d(x,y)=|f(x)-f(y)|,\quad f(x):=\frac{x}{1+|x|}\,. \]

(i) Zeigen Sie, dass \( (\mathbb R,d) \) ein metrischer Raum ist.

Betrachten Sie nun die Folge \[ \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset\mathbb R \quad\mbox{mit}\quad x^{(k)}:=k,\ k=1,2,\ldots \]

(ii) Zeigen Sie, dass \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots} \) eine Cauchyfolge in \( (\mathbb R,d) \) ist.
(iii) Zeigen Sie, dass \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots} \) in \( (\mathbb R,d) \) nicht konvergiert und daher \( (X,d) \) nicht vollständig ist.

 

Lösung

 

(i) Man überzeugt sich zunächst davon, dass \( f(x) \) injektiv ist. Wegen

\[ d(x,y)=|f(x)-f(y)|\ge 0\quad\mbox{für alle}\ x,y\in\mathbb R \]

  gilt (M1), und (M2) folgt aus der Injektivität. Ebenfalls gilt (M3) wegen

\[ d(x,y)=|f(x)-f(y)|=|f(y)-f(x)|=d(y,x) \quad\mbox{für alle}\ x,y\in\mathbb R. \]

  Wir verifizieren noch die Dreiecksungleichung

\[ \begin{array}{lll} d(x,z)\negthickspace & = & \negthickspace\displaystyle |f(x)-f(z)| \,=\,\left|\frac{x}{1+|x|}-\frac{z}{1+|z|}\right| \\ & = & \negthickspace\displaystyle \left|\frac{x}{1+|x|}-\frac{y}{1+|y|}+\frac{y}{1+|y|}-\frac{z}{1+|z|}\right| \\ & \le & \negthickspace\displaystyle \left|\frac{x}{1+|x|}-\frac{y}{1+|y|}\right|+|\left|\frac{y}{1+|y|}-\frac{z}{1+|z|}\right| \\ & = & \negthickspace\displaystyle |f(x)-f(y)|+|f(y)-f(z)| \,=\,d(x,y)+d(y,z). \end{array} \]

  Also ist \( (\mathbb R,d) \) ein metrischer Raum.
(ii) Zu \( \varepsilon\gt 0 \) wählen wir ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) mit \( N(\varepsilon)\gt\varepsilon^{-1}. \) Dann ermitteln wir für alle \( m,n\in\mathbb N \) mit \( m\ge n\ge N(\varepsilon) \)

\[ \begin{array}{lll} d(x^{(m)},x^{(n)})\negthickspace & = & \negthickspace\displaystyle \left|\frac{m}{1+m}-\frac{n}{1+n}\right| \,=\,\left|\frac{m-n}{(1+m)(1+n)}\right| \\ & \le & \negthickspace\displaystyle \frac{m}{(1+m)(1+n)} \,\le\,\frac{m}{mn} \,=\,\frac{1}{n} \,\le\,\frac{1}{N(\varepsilon)} \,\lt\,\varepsilon. \end{array} \]

  Die Rollen von \( m \) und \( n \) lassen sich vertauschen, d.h. es handelt sich um eine Cauchyfolge.
(iii) Angenommen, es existiert ein \( x\in\mathbb R \) mit \( x^{(k)}\to x \) für \( k\to\infty. \) Mit der inversen Dreiecksungleichung erhalten wir

\[ d(x^{(k)},x) =\left|\frac{k}{1+k}-\frac{x}{1+|x|}\right| \ge\left|\frac{k}{1+k}-\frac{|x|}{1+|x|}\right|. \]

  Im Grenzfall \( k\to\infty \) folgt daher unter Beachtung von \( \frac{|x|}{1+|x|}\lt 1 \)

\[ \begin{array}{lll} \displaystyle \lim_{k\to\infty}d(x^{(k)},x)\negthickspace & \ge & \negthickspace\displaystyle \lim_{k\to\infty}\left|\frac{k}{1+k}-\frac{|x|}{1+|x|}\right| \,=\,\left|1-\frac{|x|}{1+|x|}\right| \\ & = & \negthickspace\displaystyle 1-\frac{|x|}{1+|x|} \,=\,\frac{1}{1+|x|}\gt 0. \end{array} \]

  Also konvergiert die Folge nicht, und \( (\mathbb R,d) \) ist nicht vollständig.

 

Damit ist alles gezeigt.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgabe 10.2.5: (Beispiel eines unvollständigen Raumes II)

Wir betrachten die Menge \[ {\mathbb R}^{\mathbb N}:=\{x=(x_1,x_2,x_3,\ldots)\,:\,x_k\in\mathbb R\ \mbox{für alle}\ k=1,2,\ldots\} \] aller als Vektoren \( x\in{\mathbb R}^{\mathbb N} \) aufgefassten reellwertigen Folgen sowie den Teilraum \[ E:=\{x\in\mathbb R^{\mathbb N}\,:\,x_k\not=0\ \mbox{für höchstens endlich viele}\ k\}\,, \] ausgestattet mit der Supremumsnorm \[ \|x\|_\infty:=\sup_{k\in\mathbb N}|x_k|,\quad x\in\mathbb R^{\mathbb N}\,, \] und der hieraus induzierten Metrik \[ d(x,y)=\|x-y\|_\infty\,. \] Beweisen Sie, dass \( (E,d) \) nicht vollständig ist. Gehen Sie dazu wie folgt vor:

(i) Zeigen Sie, dass die vermittels

\[ x^{(\ell)}:=\left(1,\frac{1}{2}\,,\frac{1}{3}\,,\ldots,\frac{1}{\ell}\,,0,0,\ldots\right) \]

  gegebene Folge \( \{x^{(\ell)}\}_{\ell=1,2,\ldots}\subset E \) eine Cauchyfolge ist.
(ii) Zeigen Sie, dass es kein \( x\in E \) gibt mit

\[ \lim_{\ell\to\infty}x^{(\ell)}=x. \]

 

Lösung

 

(i) Zu \( \varepsilon\gt 0 \) wählen wir ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) mit \( N(\varepsilon)\gt\varepsilon^{-1}. \) Dann schätzen wir für alle \( m\gt n\ge N(\varepsilon) \) wie folgt ab

\[ \begin{array}{lll} d(x^{(m)},x^{(n)})\negthickspace & = & \negthickspace\displaystyle \|x^{(m)}-x^{(n)}\|_\infty \,=\,\sup_{k\in\mathbb N}|x_k^{(m)}-x_k^{(n)}| \\ & = & \negthickspace\displaystyle \sup\,\left\{0,\ldots,0,\frac{1}{n+1}\,,\ldots,\frac{1}{1+m},0,\ldots,0\right\} \\ & = & \negthickspace\displaystyle \sup\,\left\{\frac{1}{n+1}\,,\frac{1}{m}\right\} \,=\,\frac{1}{n+1} \\ & \le & \negthickspace\displaystyle \frac{1}{N(\varepsilon)+1} \,\lt\,\frac{1}{N(\varepsilon)} \,\lt\,\varepsilon. \end{array} \]

  Es handelt sich also um eine Cauchyfolge.
(ii) Angenommen, es gibt ein solches \( x\in E. \) Dann besitzt \( x \) nur eine endliche Anzahl von Einträgen ungleich Null. Beachte nun

\[ \lim_{\ell\to\infty}x_k^{(\ell)}=\frac{1}{k}\quad\mbox{für alle}\ k=1,2,\ldots, \]

  und daher gilt

\[ \lim_{\ell\to\infty}\#\{k\,:\,x_k^{(\ell)}\not=0\}=\infty\,, \]

  worin \( \# \) die Anzahl der Elemente angibt. Es folgt \( x\not\in E. \)

 

Also ist \( (E,d) \) nicht vollständig.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgaben - Der Cantorsche Durchschnittssatz

 

Aufgabe 10.2.6: (Notwendigkeit der Abgeschlossenheit)

Geben Sie ein Beispiel einer Folge \( \{U_k\}_{k=1,2,\ldots} \) offener Mengen \( U_k\subset\mathbb R \) mit den Eigenschaften \[ \begin{array}{l} U_1\supset U_2\supset U_3\supset\ldots,\quad \mbox{diam}\,U_k\to 0\ \mbox{für}\ k\to\infty\,, \\ \mbox{und}\quad \displaystyle\bigcap_{k=1}^\infty U_k=\emptyset\,. \end{array} \] Begründen Sie.

 

Lösung

 

Die offenen Mengen \[ U_k=\left(0,\frac{1}{k}\right),\quad k=1,2,\ldots \] genügen den in der Aufgabe gestellten Forderungen. Einen Nachweis übergehen wir.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgabe 10.2.7: (Notwendigkeit der Durchmesser-Bedingung)

Geben Sie ein Beispiel einer Folge \( \{U_k\}_{k=1,2,\ldots} \) abgeschlossener Mengen \( U_k\subset\mathbb R \) mit den Eigenschaften \[ \begin{array}{l} U_1\supset U_2\supset U_3\supset\ldots,\quad \mbox{diam}\,U_k\not\to 0\quad\mbox{für}\ k\to\infty\,, \\ \mbox{und}\quad \displaystyle\bigcap_{k=1}^\infty U_k=\emptyset\,. \end{array} \] Begründen Sie.

 

Lösung

 

Die abgeschlossenen Mengen \[ U_k=[k,\infty),\quad k=1,2,\ldots \] genügen den in der Aufgabe gestellten Forderungen. Einen Nachweis übergehen wir.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgabe 10.2.8: (Notwendigkeit der Vollständigkeit)

Geben Sie ein Beispiel einer Folge \( \{U_k\}_{k=1,2,\ldots} \) abgeschlossener Mengen \( U_k\subset\mathbb Q \) mit den Eigenschaften \[ \begin{array}{l} U_1\supset U_2\supset U_3\supset\ldots,\quad \mbox{diam}\,U_k\to 0\ \mbox{für}\ k\to\infty, \\ \mbox{und}\quad \displaystyle\bigcap_{k=1}^\infty U_k=\emptyset. \end{array} \] Begründen Sie.

 

Lösung

 

Die abgeschlossenen Mengen \[ U_k=\left[\sqrt{2}-\frac{1}{k},\sqrt{2}+\frac{1}{k}\right]\cap\mathbb Q \] genügen den in der Aufgabe gestellten Forderungen. Einen Nachweis übergehen wir.\( \qquad\Box \)

 

 


 

 

10.2.5 Wiederholungsfragen

 

1. Definieren Sie den Begriff Cauchyfolge in einem metrischen Raum \( (X,d). \)
2. Wann heißt ein metrischer Raum vollständig bzw. ein Banachraum?
3. Studieren Sie das Beispiel in Paragraph 10.2.2.
4. Wie lautet der Cantorsche Durchschnittssatz?

 


 

10.3 Stetige Abbildungen

 

10.3.1 Definition von Stetigkeit

 

Als nächstes wollen wir stetige Abbildungen auf metrischen Räumen betrachten. Vergleichen Sie die nachstehenden Setzungen mit den bekannten Begriffen für Funktionen \( f\colon\mathbb R\to\mathbb R \) aus der Vorlesung Analysis 1.

 

Definition: Es seien \( (X,d) \) und \( (Y,\varrho) \) zwei metrische Räume. Eine Abbildung \( f\colon X\to Y \) heißt stetig im Punkt \( x_0\in X, \) falls zu jedem \( \varepsilon\gt 0 \) ein \( \delta(x_0,\varepsilon)\gt 0 \) existiert mit \[ \varrho(f(x),f(x_0))\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ x\in X\ \mbox{mit}\ d(x,x_0)\lt\delta(x_0,\varepsilon). \] Die Abbildung \( f(x) \) heißt stetig auf \( X, \) falls sie in jedem Punkt \( x\in X \) stetig ist.

 

Bemerkung: Auch hier überzeugt man sich von der Gültigkeit des Folgenkriteriums der Stetigkeit: Die Abbildung \( f\colon X\to Y \) ist in \( x_0\in X \) stetig, falls \[ \lim_{x\to x_0}f(x)=f(x_0) \] erfüllt ist, d.h. wenn gilt \[ f(x^{(k)})\longrightarrow f(x_0) \] für jede Folge \( \{x^{(k)}\}_{k=1,2,\ldots}\subset X \) mit \( x^{(k)}\to x_0. \)

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

10.3.2 Ein topologisches Stetigkeitskriterium

 

Die Definition der Stetigkeit aus dem vorigen Paragraphen lässt sich zunächst wie folgt umschreiben:

 

Satz: Die Abbildung \( f\colon X\to\ Y \) zwischen den metrischen Räumen \( (X,d) \) und \( (Y,\varrho) \) ist stetig in \( x_0\in X \) genau dann, falls zu jeder offenen Umgebung \( V\subseteq Y \) von \( f(x_0)\in Y \) eine Umgebung \( U\subseteq X \) von \( x_0\in U \) existiert mit \[ f(U)\subseteq V. \]

 

Wir belassen einen Beweis dieses Satzes als Übung und kommen zu folgendem topologischen Stetigkeitskriterium.

 

Satz: Die Abbildung \( f\colon X\to Y \) zwischen den metrischen Räumen \( (X,d) \) und \( (Y,\varrho) \) ist genau dann stetig auf \( X, \) falls für jede in \( (Y,\varrho) \) offene Menge \( W\subseteq Y \) das inverse Bild \[ f^{-1}(W)=\{x\in X\,:\,f(x)\in W\} \] offen in \( (X,d) \) ist.

 

Bemerkung: Stetigkeit ist also eine Eigenschaft von Funktionen, die sich vermittels des topologischen Begriffs einer offenen Menge formulieren lässt und ist daher nicht auf Funktionen auf metrischen Räumen begrenzt. Dem Studium stetiger Abbildungen zwischen topologischen Räumen ist ein ganzes Gebiet der Mathematik gewidmet, die Topologie.

 

Beweis des topologischen Stetigkeitskriteriums

 

Wir gehen in zwei Schritten vor.

1. Es sei \( f\colon X\to Y \) stetig auf \( X. \) Sei eine offene Menge \( W\subseteq Y \) beliebig gewählt. Wir setzen

\[ A:=f^{-1}(W)=\{x\in X\,:\,f(x)\in W\}\,, \]

  d.h. für jedes \( a\in A \) gilt \( f(a)\in W. \) Sei nun ein \( a\in A \) beliebig gewählt. Da \( W\subseteq Y \) offen ist, existiert ein offener Ball \( B(f(a))\subseteq W \) mit Zentrum \( f(a)\in W. \) Da \( f(x) \) stetig auf \( X \) ist, folgt mit dem vorigen Satz die Existenz eines offenen Balles \( B(a)\subseteq X \) um \( a\in X, \) so dass gilt

\[ f(B(a))\subseteq B(f(a))\subseteq W, \]

  d.h. es ist insbesondere

\[ f(x)\in W\quad\mbox{für alle}\ x\in B(a). \]

  Das bedeutet, dass auch \( B(a)\subseteq A=\{x\in W\,:\,f(x)\in W\}, \) d.h. die Menge \( A \) ist offen.
2. Nun werden offene Mengen in \( (Y,\varrho) \) vermittels \( f^{-1}\colon Y\to X \) offenen Mengen in \( (X,d) \) zugeordnet, wie in der Behauptung formuliert. Nachzuweisen ist die Stetigkeit von \( f\colon X\to Y. \) Wähle dazu ein \( a\in X \) beliebig sowie eine beliebige offene Umgebung \( W\subseteq Y \) des Bildes \( f(a)\in Y. \) Nach Voraussetzung ist

\[ A:=f^{-1}(W)\subseteq X \]

  offen in \( (X,d) \) und gleichzeitig eine offene Umgebung von \( a\in X, \) da ja \( f(a)\in W. \) Außerdem gilt

\[ f(A)=f(f^{-1}(W))=f(\{x\in X\,:\,f(x)\in W\})\subseteq W, \] d.h. nach dem vorigen Satz ist \( f\colon X\to Y \) stetig.

 

Damit ist alles bewiesen.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

10.3.3 Der Raum der stetigen Funktionen

 

Wir wollen noch wichtige Rechenregeln für stetige Funktionen ohne Beweis notieren. Vergleichen Sie dazu die entsprechenden Paragraphen aus der Vorlesung Analysis 1.

 

Satz: Es sei \( (X,d) \) ein metrischer Raum, und es seien \( f,g\colon X\to\mathbb R \) stetig auf \( X. \) Dann sind auch die Summe und das Produkt \[ (f+g)(x):=f(x)+g(x),\quad (f\cdot g)(x):=f(x)\cdot g(x),\quad x\in X, \] stetig auf \( X. \) Gilt zudem \( g(x)\not=0 \) auf \( X, \) so ist auch der Quotient \[ \left(\frac{f}{g}\right)(x):=\frac{f(x)}{g(x)}\,,\quad x\in X, \] stetig auf \( X. \)

 

Satz: Es seien \( f\colon X\to Y \) und \( g\colon Y\to Z \) stetige Funktionen zwischen den metrischen Räumen \( (X,d), \) \( (Y,\varrho) \) und \( (Z,\sigma). \) Dann ist auch die Komposition \[ h\colon X\longrightarrow Z \quad\mbox{vermöge}\quad h(x):=g\circ f(x),\ x\in X, \] stetig auf \( X. \)

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

10.3.4 Aufgaben

 

Aufgaben - Definition von Stetigkeit

 

Aufgabe 10.3.1: (Erste Beispiele stetiger Abbildungen)

Zeigen Sie, dass die folgenden Abbildungen \( f,g,h\colon\mathbb R^2\to\mathbb R \) zwischen den beiden metrischen Räumen \[ \begin{array}{lll} \displaystyle (\mathbb R^2,d) & \mbox{mit} & d(x,y):=\sqrt{(x_1-y_1)^2+(x_2-y_2)^2}\,, \\ \displaystyle (\mathbb R,\varrho) & \mbox{mit} & \varrho(u,v):=|u-v| \end{array} \] im Sinne der Definition aus dem Paragraphen 10.3.1 stetig sind:

(i) \( f(x_1,x_2)=x_1 \)
(ii) \( g(x_1,x_2)=x_1+x_2^2 \)
(iii) \( h(x_1,x_2)=|x_1|+x_2^2 \)

 

Lösung

 

(i) Es ist \( f(x) \) stetig in ganz \( \mathbb R^2. \) Sei nämlich \( \widetilde x\in\mathbb R^2 \) beliebig gewählt. Zu \( \varepsilon\gt 0 \) setzen wir \( \delta(\widetilde x,\varepsilon):=\varepsilon \) (beachte, dass \( \widetilde x \) in der Setzung nicht vorkommt) und ermitteln

\[ \begin{array}{lll} \varrho(f(x),f(y))\negthickspace & = & \negthickspace\displaystyle |f(\widetilde x)-f(y)| \,=\,|\widetilde x_1-y_1| \\ & \le & \negthickspace\displaystyle \sqrt{(\widetilde x_1-y_1)^2+(\widetilde x_2-y_2)^2} \,=\,d(\widetilde x,y) \,\lt\,\varepsilon \end{array} \]

  für alle \( y\in\mathbb R^2 \) mit \( d(\widetilde x,y)\lt\delta(\widetilde x,\varepsilon). \) Es ist also \( f(x) \) in jedem Punkt \( \widetilde x\in\mathbb R^2 \) stetig und damit in ganz \( \mathbb R^2. \)
(ii) Es ist \( g(x) \) stetig in ganz \( \mathbb R^2. \) Sei nämlich \( \widetilde x\in\mathbb R^2 \) beliebig gewählt. Zu \( \varepsilon\gt 0 \) schätzen wir in \( \widetilde x\in\mathbb R^2 \) wie folgt ab

\[ \begin{array}{lll} \varrho(f(\widetilde x)-f(y))\negthickspace & = & \negthickspace\displaystyle |g(\widetilde x)-g(y)| \,=\,|\widetilde x_1+\widetilde x_2^2-y_1-y_2^2| \\ & \le & \negthickspace\displaystyle |\widetilde x_1-y_1|+|\widetilde x_2^2-y_2^2| \,=\,|\widetilde x_1-y_1|+|\widetilde x_2+y_2||\widetilde x_2-y_2| \\ & \le & \negthickspace\displaystyle (1+|\widetilde x_2+y_2|)\,\big\{|\widetilde x_1-y_1|+|\widetilde x_2-y_2|\big\} \\ & \le & \negthickspace\displaystyle \sqrt{2}\,(1+|\widetilde x_2+y_2|)\,\sqrt{(\widetilde x_1-y_1)^2+(\widetilde x_2-y_2)^2} \\ & = & \negthickspace\displaystyle \sqrt{2}\,(1+|\widetilde x_2+y_2|)\,d(\widetilde x,y) \,\lt\,\varepsilon \end{array} \]

  für alle \( y\in\mathbb R^2 \) mit \( d(\widetilde x,y)\lt\delta(\widetilde x,\varepsilon) \) mit der von \( \widetilde x\in\mathbb R^2 \) abhängigen Setzung

\[ \delta(\widetilde x,\varepsilon):=\frac{\varepsilon}{\sqrt{2}\,(1+|\widetilde x_2+y_2|)}\,. \]

  Es ist also \( g(x) \) in jedem Punkt \( \widetilde x\in\mathbb R^2 \) stetig und damit in ganz \( \mathbb R^2. \)
(iii) Es ist \( h(x) \) stetig in ganz \( \mathbb R^2. \) Sei nämlich \( \widetilde x\in\mathbb R^2 \) beliebig gewählt. Zu \( \varepsilon\gt 0 \) setzen wir \( \delta(\widetilde x,\varepsilon):=\varepsilon \) (beachte, dass \( \widetilde x \) in der Setzung nicht vorkommt) und ermitteln unter Benutzung der inversen Dreiecksungleichung sowie der vorigen Teilaufgabe (ii)

\[ \begin{array}{lll} \varrho(h(\widetilde x)-h(y))\negthickspace & = & \negthickspace\displaystyle |h(\widetilde x)-h(y)| \,=\,||\widetilde x_1|+\widetilde x_2^2-|y_1|-y_1^2| \\ & \le & \negthickspace\displaystyle |\widetilde x_1-x_2^2|+|\widetilde x_2^2+y_2^2| \\ & \le & \negthickspace\displaystyle \sqrt{2}\,(1+|\widetilde x_2+y_2|)\,d(\widetilde x,y) \,\lt\,\varepsilon \end{array} \]

  für alle \( y\in\mathbb R^2 \) mit \( d(\widetilde x,y)\lt\delta(\widetilde x,\varepsilon) \) und der Setzung von \( \delta(\widetilde x,\varepsilon)\gt 0 \) wie in (ii). Es ist also \( h(x) \) stetig in jedem Punkt \( \widetilde x\in\mathbb R^2 \) und damit in ganz \( \mathbb R^2. \)

 

Damit ist alles gezeigt.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgabe 10.3.2: (Erste Beispiele stetiger Abbildungen)

Es sei \( (X,d) \) ein metrischer Raum, und es sei \( x_0\in X \) ein isolierter Punkt von \( X, \) d.h. mit einem geeigneten \( \varepsilon\gt 0 \) gilt \[ B_\varepsilon(x_0)\cap X=\{x_0\} \] Beweisen Sie, dass jede Funktion \( f\colon X\to\mathbb R \) stetig in diesem Punkt \( x_0\in X \) ist.

 

Lösung

 

Ist \( x_0\in X \) ein isolierter Punkt, so ist die Ungleichung \( d(x,x_0)\lt\delta(x_0,\varepsilon) \) bei hinreichend kleinem \( \delta(x_0,\varepsilon)\lt\frac{\varepsilon}{2} \) mit dem in der Aufgabe vorgegebenem \( \varepsilon\gt 0 \) nur für die Wahl \( x=x_0 \) erfüllt. Dann ist aber auch \( \varrho(f(x),f(x_0))=0, \) und wir schließen sofort auf die Stetigkeitsbedingung.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgabe 10.3.3: (Stetigkeit der Abstandsfunktion)

Es sei \( A\subset\mathbb R^n \) eine nichtleere Menge. Als Abstand eines Punktes \( x\in\mathbb R^n \) zur Menge \( A \) verstehen wir den Ausdruck \[ d_A(x):=\inf\,\{d(x,a)\,:\,a\in A\} \] mit der Euklidischen Metrik \( d(x,y)=\|x-y\|_2 \) im \( \mathbb R^n. \) Beweisen Sie:

(i) Für alle \( x,y\in\mathbb R^n \) gilt

\[ |d_A(x)-d_A(y)|\le d(x,y). \]

(ii) Die Funktion \( d_A\colon\mathbb R^n\to\mathbb R \) ist in \( \mathbb R^n \) stetig.
(iii) Ein Punkt \( x\in\mathbb R^n \) liegt genau dann im Abschluss \( \overline{A}, \) wenn \( d_A(x)=0. \)

 

Lösung

 

(i) Wähle ein \( a\in A \) beliebig. Die Dreiecksungleichung und die Definition der Abstandsfunktion liefern

\[ d_A(x)\le d(x,a)\le d(x,y)+d(y,a), \]

  und Umstellen bringt

\[ d(y,a)\ge d_A(x)-d(x,y)\quad\mbox{für alle}\ a\in A, \]

  denn \( a\in A \) war beliebig. Auf der rechten Seite kommt aber \( a\in A \) nicht mehr vor, so dass

\[ d_A(y)\ge d_A(x)-d(x,y) \quad\mbox{bzw.}\quad d_A(x)-d_A(y)\le d(x,y). \]

  Nach Vertauschen der Rollen von \( x \) und \( y \) erhalten wir genauso

\[ -d(x,y)\le d_A(x)-d_A(y), \]

  und Zusammenfassen der beiden letzten Ungleichungen zeigt die Behauptung.
(ii) Wähle \( x_0\in\mathbb R^2 \) beliebig. Zu \( \varepsilon\gt 0 \) setzen wir \( \delta(\varepsilon):=\varepsilon. \) Dann folgt nach Aufgabenteil (i)

\[ |d_A(x_0)-d_A(y)|\le d(x,y)\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ y\in\mathbb R^2\ \mbox{mit}\ d(x_0,y)\lt\varepsilon. \]

  Also ist \( d_A(x) \) im Punkt \( x_0\in X \) stetig. Da \( x_0\in X \) beliebig war, folgt die Behauptung.
(iii) Sei \( x\in\overline{A}. \) Wie in Aufgabe 9.4.7 überlegt man sich \( x\in \partial A\cup\mathring A. \) Im Fall \( x\in\mathring A \) existiert ein \( \varepsilon\gt 0, \) so dass \( B_\varepsilon(x)\subset A. \) Zu jedem \( \frac{\varepsilon}{k}, \) \( k=2,3,\ldots, \) existiert ein \( x_k\in A, \) wobei \( x_k\to x, \) und es folgt die Behauptung. Im Fall \( x\in\partial A \) existiert in jeder Umgebung um \( x \) ein Punkt aus \( A, \) und es folgt (ohne weitere Ausführungen) ebenfalls die Behauptung. Sei nun umgekehrt \( d_A(x)=0. \) Wir nehmen \( x\not\in\overline{A} \) an, d.h. \( x\not\in\partial A \) und \( x\not\in\mathring A. \) Insbesondere existiert ein \( \varepsilon\gt 0, \) so dass \( B_\varepsilon(x) \) kein Element von \( A \) enthät, was aber \( d_A(x)\ge\varepsilon \) bedeutet im Widerspruch zur Voraussetzung.

 

Damit ist alles gezeigt.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgaben - Ein topologisches Stetigkeitskriterium

 

Aufgabe 10.3.4: (Eine weitere Charakterisierung stetiger Abbildungen)

Beweisen Sie: Eine Abbildung \( f\colon X\to Y \) zwischen den metrischen Räumen \( (X,d) \) und \( (Y,\varrho) \) ist genau dann stetig auf \( X, \) falls für jede in \( (Y,\varrho) \) abgeschlossene Menge \( W\subseteq Y \) das inverse Bild \[ f^{-1}(W)=\{x\in X\,:\,f(x)\in W\} \] abgeschlossen in \( (X,d) \) ist.

 

Lösung

 

Wir gehen in zwei Schritten vor.

1. Es sei \( f\colon X\to Y \) stetig. Weiter sei \( W\subseteq Y \) eine beliebige, in \( (Y,\varrho) \) abgeschlossene Menge. Dann sind \( W^c\subseteq Y \) offen in \( (Y,\varrho) \) sowie \( f^{-1}(W^c) \) offen und damit \( [f^{-1}(W^c)]^c \) abgeschlossen in \( (X,d). \) Nun ermitteln wir

\[ \begin{array}{lll} \big[f^{-1}(W^c)\big]^{-1}\negthickspace & = & \negthickspace\displaystyle \{x\in X\,:\,f(x)\in W^c\}^c \,=\,X\setminus\{x\in X\,:\,f(x)\in W^c\} \\ & = & \negthickspace\displaystyle \{x\in X\,:\,f(x)\not\in W^c\} \,=\,\{x\in X\,:\,f(x)\in W\} \,=\,f^{-1}(W). \end{array} \]

  Also ist \( f^{-1}(W) \) abgeschlossen in \( (X,d). \)
2. Wähle eine beliebige, in \( (Y,\varrho) \) offene Menge \( V\subseteq Y. \) Dann ist \( V^c\subseteq Y \) in \( (Y,\varrho) \) abgeschlossen, und nach Voraussetzung ist auch \( f^{-1}(V^c) \) abgeschlossen in \( (X,d). \) Wie im ersten Beweispunkt ist nun

\[ \big[f^{-1}(V^c)\big]^c=f^{-1}(V), \]

  aber es sind \( [f^{-1}(V^c)]^c \) offen in \( (X,d) \) und damit auch \( f^{-1}(V). \) Also ist \( f\colon X\to Y \) stetig.

 

Damit ist alles gezeigt.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgaben - Der Raum der stetigen Funktionen

 

Aufgabe 10.3.5: (Stetigkeit von Funktionen I)

Es sei \( a\in\mathbb R. \) Betrachten Sie folgende, vermöge \[ f(x,y) :=\left\{ \begin{array}{cl} \displaystyle \frac{xy}{x^2+y^2}\,, & \mbox{falls}\ (x,y)\not=(0,0) \\ a, & \mbox{falls}\ (x,y)=(0,0) \end{array} \right. \] gegebene Funktion zwischen den normierten Räumen \( (\mathbb R^2,\|\cdot\|_2) \) und \( (\mathbb R,|\cdot|). \)

(i) Begründen Sie, dass \( f(x,y) \) in jedem Punkt \( (x,y)\in\mathbb R^2\setminus\{(0,0)\} \) stetig ist.
(ii) Lässt sich ein \( a\in\mathbb R \) derart bestimmen, dass \( f(x,y) \) auch in \( (0,0) \) stetig ist? Begründen Sie, und geben Sie ggf. ein solches \( a \) an.

 

Lösung

 

(i) Nach Aufgabe 10.3.1 und Paragraph 10.3.1 sind \( x, \) \( y \) und daher auch \( xy \) sowie \( x^2+y^2 \) stetig. Außerhalb von \( (0,0) \) ist dann auch der Quotient \( \frac{xy}{x^2+y^2} \) stetig.
(ii) Um das Verhalten in \( (0,0) \) zu studieren, betrachten wir folgende Grenzwerte:
  \( \circ\quad \) einmal \( (x,y)\to(0,0) \) entlang \( x=y, \) also

\[ \lim_{(x,y)\to(0,0)}\frac{xy}{x^2+y^2} =\lim_{x\to 0}\frac{x^2}{2x^2} =\frac{1}{2}\,, \]

  \( \circ\quad \) dann \( (x,y)\to(0,0) \) entlang \( x=-y, \) also

\[ \lim_{(x,y)\to(0,0)}\frac{xy}{x^2+y^2} =\lim_{x\to 0}\frac{-x^2}{2x^2} =-\,\frac{1}{2}\,. \]

  Beide Grenzwerte stimmen nicht überein, d.h. \( f(x,y) \) ist in \( (0,0) \) nicht stetig, und ein solches, in Frage stehendes \( a\in\mathbb R \) existiert nicht.

 

 

Aufgabe 10.3.6: (Stetigkeit von Funktionen II)

Es sei \( a\in\mathbb R. \) Betrachten Sie folgende, vermöge \[ f(x,y) :=\left\{ \begin{array}{cl} \displaystyle \frac{x^2y^2}{x^2+y^2}\,, & \mbox{falls}\ (x,y)\not=(0,0) \\ a, & \mbox{falls}\ (x,y)=(0,0) \end{array} \right. \] gegebene Funktion zwischen den normierten Räumen \( (\mathbb R^2,\|\cdot\|_2) \) und \( (\mathbb R,|\cdot|). \)

(i) Begründen Sie, dass \( f(x,y) \) in jedem Punkt \( (x,y)\in\mathbb R^2\setminus\{(0,0)\} \) stetig ist.
(ii) Lässt sich ein \( a\in\mathbb R \) derart bestimmen, dass \( f(x,y) \) auch in \( (0,0) \) stetig ist? Begründen Sie, und geben Sie ggf. ein solches \( a \) an.

 

Lösung

 

(i) Nach Aufgabe 10.3.1 und Paragraph 10.3.1 sind \( x, \) \( y \) und daher auch \( x^2, \) \( y^2 \) sowie \( x^2+y^2 \) stetig. Außerhalb von \( (0,0) \) ist dann auch der Quotient \( \frac{xy}{x^2+y^2} \) stetig.
(ii) Wir schätzen wie folgt ab

\[ |f(x,y)| \le\frac{|x||y|}{x^2+y^2}\,|xy| \le\frac{1}{2}\,\frac{x^2+y^2}{x^2+y^2}\,|xy| =\frac{1}{2}\,|xy|, \]

  und daher gilt

\[ \lim_{(x,y)\to(0,0)}f(x,y)=0. \]

  Mit der Wahl \( a=0 \) wird \( f(x,y) \) also in \( (0,0) \) und damit in ganz \( \mathbb R^2 \) stetig.

 

 

Aufgabe 10.3.7: (Stetigkeit von Funktionen III)

Es sei \( a\in\mathbb R. \) Betrachten Sie folgende, vermöge \[ f(x,y) :=\left\{ \begin{array}{cl} \displaystyle \frac{x^2-y^2}{x^2+y^2}\,, & \mbox{falls}\ (x,y)\not=(0,0) \\ a, & \mbox{falls}\ (x,y)=(0,0) \end{array} \right. \] gegebene Funktion zwischen den normierten Räumen \( (\mathbb R^2,\|\cdot\|_2) \) und \( (\mathbb R,|\cdot|). \)

(i) Begründen Sie, dass \( f(x,y) \) in jedem Punkt \( (x,y)\in\mathbb R^2\setminus\{(0,0)\} \) stetig ist.
(ii) Lässt sich ein \( a\in\mathbb R \) derart bestimmen, dass \( f(x,y) \) auch in \( (0,0) \) stetig ist? Begründen Sie, und geben Sie ggf. ein solches \( a \) an.

 

Lösung

 

(i) Nach Aufgabe 10.3.1 und Paragraph 10.3.1 sind \( x, \) \( y \) und daher auch \( x^2, \) \( y^2 \) sowie \( x^2+y^2 \) stetig. Außerhalb von \( (0,0) \) ist dann auch der Quotient \( \frac{xy}{x^2+y^2} \) stetig.
(ii) Um das Verhalten in \( (0,0) \) zu studieren, betrachten wir folgende Grenzwerte:
  \( \circ\quad \) einmal \( (x,y)\to(0,0) \) entlang \( y=0, \) also

\[ \lim_{(x,y)\to(0,0)}\frac{x^2-y^2}{x^2+y^2} =\lim_{x\to 0}\frac{x^2}{x^2} =1, \]

  \( \circ\quad \) einmal \( (x,y)\to(0,0) \) entlang \( x=0, \) also

\[ \lim_{(x,y)\to(0,0)}\frac{x^2-y^2}{x^2+y^2} =\lim_{y\to 0}\frac{-y^2}{y^2} =-1. \]

  Beide Grenzwerte stimmen nicht überein, d.h. \( f(x,y) \) ist in \( (0,0) \) nicht stetig, und ein solches, in Frage stehendes \( a\in\mathbb R \) existiert nicht.

 

Damit ist alles gezeigt.\( \qquad\Box \)

 

 

Aufgabe 10.3.8: (Stetigkeit von Funktionen IV)

Es sei \( a\in\mathbb R. \) Betrachten Sie folgende, vermöge \[ f(x,y) :=\left\{ \begin{array}{cl} \displaystyle \frac{x^2-y^2}{x^2+y^2}\,xy, & \mbox{falls}\ (x,y)\not=(0,0) \\ a, & \mbox{falls}\ (x,y)=(0,0) \end{array} \right. \] gegebene Funktion zwischen den normierten Räumen \( (\mathbb R^2,\|\cdot\|_2) \) und \( (\mathbb R,|\cdot|). \)

(i) Begründen Sie, dass \( f(x,y) \) in jedem Punkt \( (x,y)\in\mathbb R^2\setminus\{(0,0)\} \) stetig ist.
(ii) Lässt sich ein \( a\in\mathbb R \) derart bestimmen, dass \( f(x,y) \) auch in \( (0,0) \) stetig ist? Begründen Sie, und geben Sie ggf. ein solches \( a \) an.

 

Lösung

 

(i) Nach Aufgabe 10.3.1 und Paragraph 10.3.1 sind \( x, \) \( y \) und daher auch \( x^2, \) \( y^2, \) \( xy \) sowie \( x^2+y^2 \) stetig. Außerhalb von \( (0,0) \) ist dann auch der Quotient \( \frac{xy}{x^2+y^2} \) stetig.
(ii) Wir schätzen wie folgt ab

\[ |f(x,y)| \le\frac{x^2+y^2}{x^2+y^2}\,|xy| =|xy|, \]

  und daher gilt

\[ \lim_{(x,y)\to(0,0)}f(x,y)=0. \]

  Mit der Wahl \( a=0 \) wird \( f(x,y) \) also in \( (0,0) \) und damit in ganz \( \mathbb R^2 \) stetig.

 

Damit ist alles gezeigt.\( \qquad\Box \)

 

 


 

 

10.3.5 Wiederholungsfragen

 

1. Wann heißt eine Funktion \( f\colon X\to Y \) zwischen zwei metrischen Räumen \( (X,d) \) und \( (Y,\varrho) \) stetig in einem Punkt \( x_0\in X, \) wann stetig in \( X? \)
2. Wie lautet das Folgenkriterium der Stetigkeit?
3. Wie lautet unser topologisches Stetigkeitskriterium?
4. Welche Bedeutung besitzt das topologische Stetigkeitskriterium?
5. Welche Rechenregeln für stetige Funktionen haben wir kennengelernt?
6. Wie lässt sich der Abstand eines Punktes zu einer Menge messen?
7. Welche Eigenschaften besitzt diese Abstandsfunktion?
8. Welche weitere Charakterisierung der Stetigkeit über abgeschlossene Mengen kennen Sie?