3. Reelle Zahlen


 

Einleitung

 

In diesem ersten Kapitel unserer Vorlesung stellen wir eine auf Georg Cantor zurückgehende Konstruktion der Menge der reellen Zahlen vor. Sie basiert auf einer Äquivalenzklassenbildung rationaler Cauchyfolgen.

 

Achte Vorlesungseinheit: Rationale und nichtrationale Zahlen

 

Zunächst überzeugen wir uns davon, dass es keine rationale Zahl gibt, deren Quadrat gleich 2 ist. Geome-trisch bedeutet das, dass die Diagonale des Einheitsquadrates nicht mit den bislang bekannten Verhältnis-zahlen gemessen werden kann. Zur Konstruktion eines umfassenderen Zahlenbereichs, der dann Zahlen mit diesen neu gewünschten Eigenschaften enthält, machen wir in Paragraph 3.1.2 einen Dezimalbruchansatz. Wir beginnen wichtige Abschätzungen, die wir mit Hilfe der geometrischen Summen-formel in Paragraph 3.1.4 abschließen. Das führt uns auf den zentralen Begriff einer rationalen Cauchyfolge. Nach Einführen einer geeigneten Äquivalenzrelation erlaubt uns dieser Begriff eine Definition der reellen Zahlen als Menge der Äquivalenzklassen rationaler Cauchyfolgen. Abschließend erläutern wir kurz, wie die rationalen Zahlen in das neue Zahlensystem eingebettet sind.

 

Neunte Vorlesungseinheit: Algebraische Struktur reeller Zahlen

 

Die Eigenschaft der Beschränktheit rationaler Cauchyfolgen benötigen wir insbesondere für den Nachweis der Wohldefiniertheit der in diesem zweiten Abschnitt eingeführten Addition, Multiplikation und der Invertierung reeller Zahlen. Dazu benötigen wir eine Größer-Relation sowie einen Vorzeichenbegriff für reelle Zahlen, wie wir in Paragraph 3.2.3 ausführen. Es schließen sich die Setzungen der wichtigsten reellen Zahlenintervalle an sowie der Satz, dass die reellen Zahlen mit diesen Operationen und Relationen einen archimedisch angeordneten Körper bilden.

 

Zehnte Vorlesungseinheit: Weitere Eigenschaften reeller Zahlen

 

Wir kommen nun zum Beweis der Existenz p-ter Wurzeln im reellen Zahlenbereich. Das umfasst insbe-sondere Quadratwurzeln, weshalb nun auch die Existenz von Zahlen bewiesen ist, deren Quadrat gleich 2 ist. Die hierzu notwendigen Berechnung werden in den Paragraphen 3.3.1 und 3.3.3 vorgeführt, unter-brochen vom hierfür notwendigen binomischen Lehrsatz. Der Beweis liefert ferner die Existenz der gängigen Dezimaldarstellung reeller Zahlen. Schließlich lernen wir das zweite Cantorsche Diagonalverfahren kennen, mit dessen Hilfe wir die Überabzählbarkeit der Menge der reellen Zahlen beweisen.

 

Elfte/Zwölfte Vorlesungseinheit: Reelle Zahlenfolgen

 

Zahlenfolgen haben wir bereits verwendet. Jetzt definieren wir konvergente und divergente Zahlenfolgen und diskutieren erste Eigenschaften konvergenter Folgen. Von besonderer mengentheoretischer Wichtigkeit sind die in Paragraph 3.4.3 diskutierte Dichtheit der rationalen Zahlen und die Vollständigkeit der reellen Zahlen, was den Begriff der konvergenten Folge mit dem der Cauchyfolge in Verbindung setzt. Ein weiterer zentraler Satz der Analysis, der auch in späteren Vorlesungen zur Analysis und Funktionalanalysis schrittweise immer weiter ausgebaut wird, ist der Weierstraßsche Häufungsstellensatz aus Paragraph 3.4.4, mit dem wir auch die Konvergenz monotoner, beschränkter Zahlenfolgen beweisen. Um aber tatsächlich jeder Folge eine Häufungsstelle zuordnen zu können, führen wir den erweiterten reellen Zahlenraum ein durch Hinzufügen zweier uneigentlicher Elemente zu den reellen Zahlen. Der Abschnitt wird abgeschlossen mit den Begriffen Infimum und Supremum von Mengen und damit eng zusammenhängend limes inferior und limes superior von Folgen.

3.1 Rationale und nichtrationale Zahlen

 

3.1.1 Existenz nichtrationaler Zahlen

 

Wir beginnen mit dem

 

Satz: Es gibt keine rationale Zahl \( x\in\mathbb Q \) mit der Eigenschaft \[ x^2=x\cdot x=2. \]

 

Beweis: Angenommen, \( x\in\mathbb Q \) erfüllt \( x^2=2. \) Dann existieren \( p\in\mathbb Z \) und \( q\in\mathbb N \) mit \( q\gt 0, \) so dass \[ x=\frac{p}{q}\,. \] Außerdem können wir \( p \) und \( q \) teilerfremd wählen, denn sonst kürzen wir gemeinsame Teiler nach der Kürzungsregel heraus. Es folgt \[ 2=x^2=\left(\frac{p}{q}\right)^2=\frac{p}{q}\cdot\frac{p}{q}=\frac{p\cdot p}{q\cdot q}=\frac{p^2}{q^2} \quad\mbox{bzw.}\quad p^2=2q^2\,. \] Es ist also \( p^2 \) eine gerade Zahl und damit auch \( p \) selbst, etwa \( p=2m \) mit \( m\in\mathbb Z \) geeignet. Es folgen \[ \begin{array}{l} p^2=(2m)^2=4m^2\quad\mbox{und}\quad p^2=2q^2\,, \\ \mbox{also}\quad 4m^2=2q^2\quad\mbox{bzw.}\quad q^2=2m^2\,. \end{array} \] Es sind also auch \( q^2 \) und damit \( q \) gerade, und deshalb besitzten \( p \) und \( q \) den gemeinsamen Teiler \( 2. \) Das ist ein Widerspruch zu unserer Annahme, und der Satz ist bewiesen.\( \qquad\Box \)

 

Die Größe \( x^2=2 \) entspricht geometrisch genau dem Quadrat der Länge der Diagonale eines Einheitsquadrates. Es stellt sich die Frage, ob \( x, \) in Zeichen \( \sqrt{2}, \) als eine Zahl darstellbar ist.

 

Ziel dieses Kapitels ist die Konstruktion solcher nichtrationalen Zahlen vermittels eines auf G. Cantor zurückgehenden Vervollständigungsprozesses des Körpers der rationalen Zahlen. Innerhalb dieser neuen Zahlenmenge wird \( x^2=2 \) lösbar sein.

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.1.2 Erster Schritt: Wahl einer approximierenden Folge

 

Zum Zweck dieser Vervollständigung betrachten wir unendliche Reihen der Form \[ \sum_{k=0}^\infty\frac{a_k}{10^k}=a_0+\frac{a_1}{10}+\frac{a_2}{10^2}+\ldots \quad\mbox{mit}\quad a_k\in\{0,1,\ldots,9\}\ \mbox{für}\ k=0,1,2,\ldots \] Unendliche Reihen studieren wir in Kapitel 5. Für den Moment setzen wir \[ x_n:=\sum_{k=0}^n\frac{a_k}{10^k}\,,\quad n\in\mathbb N_0\,. \tag{\(*\)} \]

 

Definition: Eine Abbildung \[ \mathbb N_0\ni n\mapsto x_n\in\mathbb Q \quad\mbox{(oder}\ \mathbb N\ \mbox{statt}\ \mathbb N_0) \] heißt eine rationale Zahlenfolge, in Zeichen \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb Q. \)

 

Erläuterung und Beispiel: Jedem \( n\in\mathbb N \) (oder \( \mathbb N_0 \)) wird also ein \( x_n\in\mathbb Q \) zugeordnet, z.B. \[ \{x_n\}_{n=1,2,\ldots}=\left\{1,\frac{1}{2}\,,\frac{1}{3}\,,\frac{1}{4}\,,\ldots\right\} \quad\mbox{mit}\quad x_n=\frac{1}{n}\,, n=1,2,\ldots \] In diesem Beispiel benutzen wir also \( \mathbb N \) statt \( \mathbb N_0 \) zur Indizierung der Glieder \( x_n \) der Folge.

 

Wir wollen nun obige rationale Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb Q \) mit den Gliedern \( x_n \) aus \( (*) \) näher untersuchen:

 

Hilfssatz: Für alle \( n\gt m\ge 0 \) gilt für die Folgenelemente aus \( (*) \) \[ |x_n-x_m|\le\left(\frac{1}{10}\right)^m\cdot\sum_{k=0}^{n-m-1}\left(\frac{1}{10}\right)^k\,. \]

 

Beweis: Sei \( n\gt m. \) Dann schätzen wir mit der Dreiecksungleichung wegen \( |a_k|\le 10 \) wie folgt ab \[ \begin{array}{lll} |x_n-x_m| & = & \displaystyle \left|\sum_{k=0}^n\frac{a_k}{10^k}-\sum_{k=0}^m\frac{a_k}{10^k}\right| \,=\,\left|\sum_{k=m+1}^n\frac{a_k}{10^k}\right| \\ & \le & \displaystyle \sum_{k=m+1}^n\frac{|a_k|}{10^k} \,\le\,\sum_{k=m+1}^n\frac{10}{10^k} \,=\,\sum_{k=m+1}^n\left(\frac{1}{10}\right)^{k-1}\,. \end{array} \] Wir setzen \( \ell:=k-m-1 \) mit \( \ell=0,1,\ldots,n-m-1 \) und erhalten \[ |x_n-x_m| \le\sum_{\ell=0}^{n-m-1}\left(\frac{1}{10}\right)^{\ell+m} =\left(\frac{1}{10}\right)^m\cdot\sum_{\ell=0}^{n-m-1}\left(\frac{1}{10}\right)^\ell\,. \tag{\(**\)} \] Das war zu zeigen.\( \qquad\Box \)

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.1.3 Zweiter Schritt: Die geometrische Summenformel

 

Zur weiteren Auswertung der vorigen Abschätzung benötigen wir den

 

Satz: Sei \( \mathbb K \) ein Körper. Für alle \( z\in\mathbb K\setminus\{1\} \) gilt dann die geometrische Summenformel \[ \sum_{k=0}^nz^k=\frac{1-z^{n+1}}{1-z}\,,\quad n\in\mathbb N_0\,. \]

 

Beispiel: Wir haben \[ \sum_{k=0}^5\frac{1}{2^k} =\frac{1-\frac{1}{2^6}}{1-\frac{1}{2}} =\frac{\frac{63}{64}}{\frac{1}{2}} =\frac{2\cdot 63}{64} =\frac{63}{32} =1.96875. \]

 

Beweis des Satzes: Einerseits ist \[ \sum_{k=0}^n(z^{k+1}-z^k) =(z^1+z^2+\ldots+z^n+z^{n+1})-(z^0+z^1+\ldots+z^n) =z^{n+1}-1. \] Andererseits haben wir \[ \sum_{k=0}^n(z^{k+1}-z^k) =\sum_{k=0}^n(z-1)z^k =(z-1)\sum_{k=0}^nz^k\,. \] Ein Vergleich beider Identitäten zeigt \[ \sum_{k=0}^nz^k =\frac{z^{n+1}-1}{z-1} =\frac{1-z^{n+1}}{1-z}\,, \] woraus die Behauptung folgt.\( \qquad\Box \)

 

Kommen wir damit auf unser eigentliches Problem und der Abschätzung \( (**) \) zurück: \[ \begin{array}{lll} |x_n-x_m| & \le & \displaystyle \left(\frac{1}{10}\right)^m\cdot\frac{1-\left(\frac{1}{10}\right)^{n-m}}{1-\frac{1}{10}} \\ & \le & \displaystyle \left(\frac{1}{10}\right)^m\cdot\frac{1}{1-\frac{1}{10}} \,=\,\left(\frac{1}{10}\right)^m\cdot\frac{10}{9}\,. \end{array} \] Wählen wir nun \( m,n\ge N \) mit einem beliebigen \( N\in\mathbb N, \) so folgt \[ |x_n-x_m|\le\frac{10}{9}\cdot\left(\frac{1}{10}\right)^N\,. \] Geben wir also ein beliebig kleines, aber positives \( \varepsilon\gt 0 \) vor, so können wir nach dem Archimedischen Axiom stets ein solches \( N=N(\varepsilon)\in\mathbb N \) wählen, dass gilt \[ |x_n-x_m|\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ m,n\ge N(\varepsilon). \]

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.1.4 Definition reeller Zahlen

 

Unsere rationale Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) aus unserem Anfangsproblem ist ein Beispiel einer sogenannten rationalen Cauchyfolge im Sinne der folgenden

 

Definition: Eine rationale Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) mit \( x_n\in\mathbb Q \) für alle \( n=0,1,2,\ldots \) heißt eine rationale Cauchyfolge, wenn es zu jedem \( \varepsilon\gt 0 \) ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) gibt mit \[ |x_n-x_m|\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ m,n\ge N(\varepsilon). \]

 

Der Begriff der Cauchyfolge ist für die Analysis und alle darauf aufbauenden mathematischen Gebiete von fundamentaler Wichtigkeit. Wir werden ihn immer wieder verwenden.

 

Definition: Eine rationale Cauchyfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) heißt eine Nullfolge, falls es zu jedem \( \varepsilon\gt 0 \) eine natürliche Zahl \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) gibt mit \[ |x_n|\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ n\ge N(\varepsilon). \] Zwei rationale Cauchyfolgen \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) und \( \{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) bezeichnen wir ferner als äquivalent, falls die Differenzfolge \( \{x_n-y_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) eine Nullfolge ist. In diesem Fall schreiben wir \[ \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\sim_{\mathbb R}\{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\,. \]

 

Beispiel: Die Folge \[ \left\{\frac{1}{n}\right\}_{n=1,2,\ldots}\subset\mathbb Q \] ist eine rationale Cauchyfolge, insbesondere sogar eine rationale Nullfolge. Sie ist z.B. äquivalent zur Folge \( \{y_n\}_{n=1,2,\ldots} \) mit \( y_n=0 \) für alle \( n=1,2,\ldots \)

 

Die Glieder \( x_n \) der Folge aus diesem Beispiel „konvergieren“ im Grenzfall \( n\to\infty \) gegen die Zahl \( 0\in\mathbb Q. \) Den Begriff der Konvergenz werden wir aber erst in Kürze einführen.

 

Beispiel: Die rekursiv gegebene Folge \[ x_1=2,\quad x_{n+1}=\frac{x_n}{2}+\frac{1}{x_n}\ \mbox{für}\ n=1,2,3,\ldots \] ist eine rationale Cauchyfolge. Sie ist aber weder eine rationale Nullfolge, noch „konvergiert“ sie in \( \mathbb Q, \) wohl aber im noch zu konstruierenden, umfassenderen Zahlenkörper \( \mathbb R, \) und dann genauer gegen die nichtrationale Zahl \( \sqrt{2}. \) Diese rekursive Methode zur rationalen Approximation von \( \sqrt{2} \) bezeichnet man auch als Heronverfahren.

 

Satz: Die Relation \( \sim_{\mathbb R} \) ist eine Äquivalenzrelation.

 

Definition: Als die Menge der reellen Zahlen \( \mathbb R \) verstehen wir die Menge aller Äquivalenzklassen rationaler Cauchyfolgen bez. der Relation \( \sim_{\mathbb R}, \) also \[ \mathbb R:=\big\{[\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R}\,:\,\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\ \mbox{ist rationale Cauchyfolge}\big\}\,. \] Die Elemente dieser Menge heißen reelle Zahlen.

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.1.5 Einbettung der rationalen Zahlen in die reellen Zahlen

 

Die reelle Zahl \( [\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R} \) identifizieren wir mit einer rationalen Zahl, wenn mit ganzen Zahlen \( p\in\mathbb Z \) und \( q\in\mathbb Z\setminus\{0\} \) gilt \[ x_n=\frac{p}{q}\quad\mbox{für alle}\ n=0,1,2,\ldots \] Rationale Zahlen werden also durch konstante rationale Cauchyfolgen repräsentiert.

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.1.6 Aufgaben

 

Aufgaben zu Existenz nichtrationaler Zahlen

 

Aufgabe 3.1.1\(^*\): (\( \sqrt{3} \) ist nicht rational)

Beweisen Sie, dass es keine rationale Zahl \( x\in\mathbb Q \) gibt mit \( x^2=3. \)

 

Aufgabe 3.1.2: (\( \sqrt{2}+\sqrt{6} \) ist nicht rational)

Mit den aus der Schule bekannten, aber in der Vorlesung erst später einzuführenden Bezeichnungen \( \sqrt{2} \) und \( \sqrt{6} \) ist zu beweisen, dass \( \sqrt{2}+\sqrt{6} \) keine rationale Zahl ist.

 

Aufgabe 3.1.3: (Dedekinds Verallgemeinerung)

Beweisen Sie: Ist \( k\in\mathbb N \) keine Quadratzahl, d.h. gilt nicht \( k=a^2 \) mit einem \( a\in\mathbb N, \) so gibt es kein \( x\in\mathbb Q \) mit \( x^2=k. \)

 

Aufgaben zu Erster Schritt: Wahl einer approximierenden Folge

 

Aufgabe 3.1.4: (Beispiele von Dezimalentwicklungen)

Geben Sie die Koeffizienten \( a_0,a_1,\ldots,a_5\in\{0,1,\ldots,9\} \) in der Entwicklung \[ \sum_{k=0}^\infty\frac{a_k}{10^k}=a_0+\frac{a_1}{10}+\frac{a_2}{10^2}+\ldots \] für die folgenden nichtrationalen Zahlen an:

(i) Länge der Diagonale des Einheitsquadrats \( \sqrt{2} \)
(ii) Eulersche Zahl \( e \)
(iii) Kreiszahl \( \pi \)

Bestimmen Sie auch jeweils \( \displaystyle x_n=\sum_{k=0}^n\frac{a_k}{10^k} \) für \( n=0,1,\ldots,5. \)

 

 

Aufgaben zu Zweiter Schritt: Die geometrische Summenformel

 

Aufgabe 3.1.5: (Geometrische Reihen I)

Verifizieren Sie anhand der folgenden Skizze die geometrische Summenformel \[ \sum_{k=0}^\infty q^k=\frac{1}{1-q}\,,\quad q\in(0,1). \] Kostenlose Jimdo-Seite erstellen! Hinweis: Verwenden Sie die Ähnlichkeit \( \triangle(PQR)\approx\triangle(TSP). \)

 

Aufgabe 3.1.6\(^*\): (Geometrische Reihen II)

(i) Bestimmen Sie grafisch den Grenzwert

\[ \lim_{n\to\infty}\sum_{k=0}^\infty\frac{1}{2^k}\,. \]

  Finden Sie dazu eine geeignete Unterteilung des Einheitsintervalls.
(ii) Wie Aufgabenteil (i), jetzt aber für den Grenzwert

\[ \lim_{n\to\infty}\sum_{k=0}^\infty\frac{1}{4^k} \]

  anhand folgender Skizze:

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Aufgabe 3.1.7: (Die Cantorsche Mittel-Drittel-Menge)

Betrachten Sie den folgenden rekursiven Konstruktionsprozess:

1. Beginnen mit einer geraden Strecke der Länge \( 1 \) (Menge \( C_0 \)).
2. Lösche das mittlere Drittel (ohne die beiden Randpunkte; Menge \( C_1 \)).
3. Lösche vom Verbliebenen die mittleren Drittel (ohne die Randpunkte; Menge \( C_2 \)) usw.

Die Cantorsche Mittel-Dritte-Menge \( C\subset\mathbb R \) ist dann definiert als der Durchschnitt \[ C:=\bigcap_{k=0}^\infty C_k\,. \] Welche Länge besitzt \( C? \)

 

Aufgabe 3.1.8\(^*\): (Die Kochsche Schneeflocke)

Betrachten Sie den folgenden rekursiven Konstruktionsprozess:

1. Beginne mit einer geraden Strecke der Länge \( 1. \)
2. Ersetze das mittlere Drittel dieser Strecke durch ein gleichseitiges Dreieck (ohne Basis).
3. Wende diese Vorschrift auf die vier neuen Strecken der Länge \( \frac{1}{3} \) an usw.

Diese Vorschrift wird nun auf die drei Seiten der gemeinsamen Länge \( 1 \) eines gleichseitigen Dreiecks angewandt. Die Kochsche Schneeflocke ergibt sich dann als „Grenzfigur nach unendlich vielen Iterationen“. Kostenlose Jimdo-Seite erstellen! Berechnen Sie Umfang und eingeschlossenen Inhalt der Kochschen Schneeflocke.

 

Aufgaben zu Definition reeller Zahlen

 

Aufgabe 3.1.9: (Die Äquivalenzrelation der reellen Zahlen)

Beweisen Sie, dass die \( \sim_{\mathbb R} \) eine Äquivalenzrelation darstellt.

 

Aufgabe 3.1.10\(^*\): (Beispiele rationaler Cauchyfolgen)

Handelt es sich bei den folgenden Zahlenfolgen um rationale Cauchyfolgen? Begründen Sie.

(i) \(\displaystyle \{x_n\}_{n=1,2,\ldots}\) mit \( \displaystyle x_n=\frac{1}{n} \)
(ii) \(\displaystyle \{x_n\}_{n=1,2,\ldots}\) mit \( \displaystyle x_n=n \)
(iii) \(\displaystyle \{x_n\}_{n=1,2,\ldots}\) mit \( \displaystyle x_n=\frac{n}{1+n^2} \)
(iv) \(\displaystyle \{x_n\}_{n=1,2,\ldots}\) mit \( \displaystyle x_n=\frac{n}{1+\frac{1}{n^2}} \)

 

Aufgabe 3.1.11: (Beispiel einer rekursiven rationalen Cauchyfolge)

Betrachten Sie die rekursiv gegebene, rationale Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) vermöge \[ x_1:=1,\quad x_{n+1}:=\frac{1}{1+x_n}\ \mbox{für}\ n=1,2,3,\ldots \]

(i) Ermitteln Sie \( x_n \) für \( n=1,2,3,4,5. \)
(ii) Beweisen Sie

\[ \frac{1}{2}\le x_n\le 1\quad\mbox{für alle}\ n=1,2,\ldots \]

(iii) Schließen Sie daraus

\[ |x_{n+1}-x_n|\le\left(\frac{4}{9}\right)^{n-1}|x_2-x_1|\quad\mbox{für alle}\ n=1,2,3,\ldots \]

(iv) Leiten Sie damit her

\[ |x_{n+k}-x_n|\le 2\left(\frac{4}{9}\right)^{n-1}|x_2-x_1|\quad\mbox{für alle}\ k,n=1,2,3,\ldots \]

(v) Beweisen Sie nun, dass \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) eine rationale Cauchyfolge ist.

 

Aufgaben zu Einbettung der rationalen Zahlen in die reellen Zahlen

 

Aufgabe 3.1.12: (Rationale Zahlen als reelle Zahlen)

Schreiben Sie die folgenden rationalen Zahlen als rationale Zahlenfolge, die also eine reelle Zahl innerhalb der Menge \( \mathbb R \) repräsentiert.

(i) \( x=1 \) (ii) \( \displaystyle x=\frac{1}{3} \)

 


 

 

3.1.7 Wiederholungsfragen

 

1. Beweisen Sie, dass kein \( x\in\mathbb Q \) existiert mit \( x^2=2. \)
2. Was versteht man unter einer rationalen Zahlenfolge?
3. Wie lautet die geometrische Summenformel?
4. Was versteht man unter einer rationalen Cauchyfolge?
5. Wann heißt eine rationale Cauchyfolge eine Nullfolge?
6. Wie lautet die Äquivalenzrelation der reellen Zahlen?
7. Wie wird die Menge \( \mathbb R \) der reellen Zahlen eingeführt?
8. Wie werden die rationalen Zahlen in die reellen Zahlen eingebettet?

 


 

3.2 Algebraische Struktur reeller Zahlen

 

3.2.1 Beschränktheit rationaler Cauchyfolgen

 

Äquivalenzklassen rationaler Cauchyfolgen bilden die Menge der reellen Zahlen. Jede solche rationale Cauchyfolge - und damit jede reelle Zahl - ist nun nach folgendem Satz beschränkt:

 

Satz: Es sei \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb Q \) eine rationale Cauchyfolge. Dann existiert ein rationale Zahl \( C\in\mathbb Q \) mit der Eigenschaft \[ |x_n|\le C\quad\mbox{für alle}\ n=0,1,2,\ldots \]

 

Als Aufgabe ist folgende Beweisidee detailliert auszuführen.

 

Beweisidee: Zu \( \varepsilon=1 \) existiert nach der Cauchyfolgeneigenschaft ein \( N=N(1)\in\mathbb N \) mit \[ |x_m-x_n|\lt 1\quad\mbox{für alle}\ m,n\ge N. \] Mit der Dreiecksungleichung ermittelt man nun \[ |x_n|\lt 1+|x_N|\quad\mbox{für alle}\ n\ge N. \] Setzen wir also \[ C:=\max\{|x_0|,|x_1|,\ldots,|x_N|,1+|x_N|\}\,, \] so folgt \( |x_n|\le C \) für alle \( n=0,1,2,\ldots \) Das war zu zeigen.\( \qquad\Box \)

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.2.2 Addition und Multiplikation reeller Zahlen

 

Definition: Die Addition und die Multiplikation reeller Zahlen \( [\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R} \) und \( [\{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R} \) sind definiert vermöge \[ \begin{array}{l} [\{x_n\}_{n=1,2,\ldots}]_{\mathbb R}+[\{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R} :=[\{x_n+y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R}\,, \\ [\{x_n\}_{n=1,2,\ldots}]_{\mathbb R}\cdot[\{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R} :=[\{x_n\cdot y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R}\,. \end{array} \] Außerdem setzen wir \[ -[\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R}:=[\{-x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R} \] für das inverse Element der Addition.

 

Beispiel: Es repräsentieren \( \{x_n\}_{0,1,2,\ldots} \) und \( \{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) die rationalen Zahlen \( x=1 \) und \( y=2, \) d.h. es sind \( x_n=1 \) und \( y_n=2 \) für alle \( n=0,1,2,\ldots, \) siehe Paragraph 3.1.5. Dann haben wir \[ [\{1,1,1,\ldots\}]_{\mathbb R}+[\{2,2,2,\ldots\}]_{\mathbb R}=[\{3,3,3,\ldots\}]_{\mathbb R}\,, \] was nichts anderes als \( 1+2=3 \) bedeutet.

 

Unsere Setzungen für die Addition und Multiplikation sind wohldefiniert im Sinne von

 

Satz: Es seien \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}, \) \( \{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}, \) \( \{x_n'\}_{n=0,1,2,\ldots}, \) \( \{y_n'\}_{n=0,1,2,\ldots} \) rationale Cauchyfolgen mit \[ \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\sim_{\mathbb R}\{x_n'\}_{n=0,1,2,\ldots}\,,\quad \{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\sim_{\mathbb R}\{y_n'\}_{n=0,1,2,\ldots} \] Dann sind auch \[ \{x_n+y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\,,\quad \{x_n\cdot y_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \] rationale Cauchyfolgen, und es gelten \[ \begin{array}{l} \{x_n+y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\sim_{\mathbb R}\{x_n'+y_n'\}_{n=0,1,2,\ldots}\,, \\ \{x_n\cdot y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\sim_{\mathbb R}\{x_n'\cdot y_n'\}_{n=0,1,2,\ldots}\,. \end{array} \]

 

Beachten Sie, dass der Satz zwei wesentliche Aussagen macht: Einmal sind \( \{x_n+y_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) und \( \{x_n\cdot y_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) wieder rationale Cauchyfolgen, besitzen also die richtige analytische Struktur, die den reellen Zahlen zu Grunde liegt. Zweitens sind diese Ausdrücke unabhängig von der Wahl der Repräsentanten der Äquivalenzklassen - andernfalls würden unsere Setzungen zur Addition und Multiplikation keinen Sinn machen.

 

Beweis: Wir zeigen nur die zweite Behauptung für den Fall der Multiplikation. Dazu ist zunächst \[ \begin{array}{lll} |x_ny_n-x_n'y_n'|\negthickspace & = & \negthickspace\displaystyle |x_ny_n-x_n'y_n+x_n'y_n-x_n'y_n'| \\ & = & \negthickspace\displaystyle |(x_n-x_n')y_n+(y_n-y_n')x_n'| \\ & \le & \negthickspace\displaystyle |x_n-x_n'||y_n|+|y_n-y_n'||x_n'|. \end{array} \] Nun beachten wir

\( \circ \) \( |x_n-x_n'|\lt\varepsilon, \) \( |y_n-y_n'|\lt\varepsilon \) für alle \( n\ge N(\varepsilon)\in\mathbb N \) zu vorgelegtem \( \varepsilon\gt 0 \)
  nach Voraussetzung über die betrachteten Cauchyfolgen
\( \circ \) \( |x_n|\le C, \) \( |y_n|\le C \) mit einem \( C\gt 0 \)
  nach dem Satz aus dem vorigen Paragraphen.

Es folgt also mit der vorangegangenen Abschätzung \[ |x_ny_n-x_n'y_n'|\le C\varepsilon+C\varepsilon=2C\varepsilon\longrightarrow 0\quad\mbox{für}\ \varepsilon\to 0, \] d.h. es gilt \( \{x_ny_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\sim_{\mathbb R}\{x_n'y_n'\}_{n=0,1,2,\ldots}\qquad\Box \)

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.2.3 Ordnungsstruktur reeller Zahlen

 

Definition: Die rationale Cauchyfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb Q \) heißt

\( \circ \) vom Typ \( R^+, \) falls ein \( p\in\mathbb Q \) mit \( p\gt 0 \) und ein \( N\in\mathbb N \) existieren, so dass
 
\( x_n\ge p\quad\mbox{für alle}\ n\ge N; \)
\( \circ \) vom Typ \( R^-, \) falls ein \( p\in\mathbb Q \) mit \( p\gt 0 \) und ein \( N\in\mathbb N \) existieren, so dass
 
\( -x_n\ge p\quad\mbox{für alle}\ n\ge N. \)

 

Ohne Beweis notieren wir den (siehe F. Sauvigny Analysis, Beweis von Hilfssatz 4, Kapitel I, §2)

 

Satz: Eine rationale Cauchyfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb Q \) ist entweder

\( \circ \) eine Nullfolge,
\( \circ \) oder vom Typ \( R^+, \)
\( \circ \) oder vom Typ \( R^-. \)

 

Diese Einteilung rationaler Cauchyfolgen erlaubt es uns nun, Vorzeichen reeller Zahlen zu definieren.

 

Definition: Es sei \( x=[\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R}\in\mathbb R \) eine reelle Zahl. Dann setzen wir

\( \circ \) \( x=0\quad \) genau dann, wenn \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) eine Nullfolge ist,
\( \circ \) \( x\gt 0\quad \) genau dann, wenn \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) vom Typ \( R^+ \) ist,
\( \circ \) \( x\lt 0\quad \) genau dann, wenn \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) vom Typ \( R^- \) ist.

 

Gilt \( x\gt 0 \) oder \( x\lt 0, \) so schreiben wir auch \( x\not=0. \)

 

Diese Setzungen sind sämtlich unabhängig von den gewählten Repräsentanten der Äquivalenzklassen. Die vorige Definition erlaubt zudem die Einführung der bereits aus \( \mathbb Q \) bekannten Betragsfunktion auf \( \mathbb R: \) \[ |x| :=\left\{ \begin{array}{cl} x, & \mbox{falls}\ x\gt 0 \\ 0, & \mbox{falls}\ x=0 \\ -x, & \mbox{falls}\ x\lt 0 \end{array} \right.. \]

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.2.4 Die multiplikative Inverse einer reellen Zahl

 

Zunächst überzeuge man sich nach noch einmal, dass es sich bei \( -[\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R} \) um die additive Inverse der reellen Zahl \( [\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R} \) handelt, d.h. es gilt \[ -[\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R}+[\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R}=0. \] Einen Beweis des folgenden Satzes belassen wir als Übung. Stellen Sie dennoch für sich klar heraus, welche beiden Aussagen dieser Satz macht.

 

Satz: Es seien \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) und \( \{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) äquivalente rationale Cauchyfolgen, die beide keine Nullfolgen sind. Es gelte sogar \[ x_n\not=0,\ y_n\not=0\quad\mbox{für alle}\ n=0,1,2,\ldots \] Dann sind auch \( \{x_n^{-1}\}_{n=0,1,2,\ldots} \) und \( \{y_n^{-1}\}_{n=0,1,2,\ldots} \) rationale Cauchyfolgen, und es gilt \[ \{x_n^{-1}\}_{n=0,1,2,\ldots}\sim_{\mathbb R}\{y_n^{-1}\}_{n=0,1,2,\ldots} \]

 

Unter Beachtung dieses Satzes sind nun sämtliche Ausdrücke in folgender Definition sinnvoll erklärt.

 

Definition: Sei \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb Q \) eine rationale Cauchyfolge mit \( x_n\not=0 \) für alle \( n=0,1,2,\ldots, \) und es gelte \( x=[\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R}\not=0. \) Dann heißt \[ x^{-1}=[\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R}^{-1}:=[\{x_n^{-1}\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R} \] die zu \( x\in\mathbb R \) multiplikative Inverse.

 

Man prüft nämlich nach \[ x\cdot x^{-1}=x^{-1}\cdot x=1 \] mit dem neutralen Element \( 1\in\mathbb R \) der Multiplikation.

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.2.5 Reelle Zahlenintervalle

 

Wir schließen an Paragraph 3.2.3 an und legen fest: \[ x\lt y\quad\mbox{genau dann, wenn}\ y-x\gt 0, \] und entsprechend \( y\lt x \) bzw. gleichbedeutend \( x\gt y, \) sowie \[ x\le y\quad\mbox{genau dann, wenn}\ x\lt y\ \mbox{oder}\ x=y, \] und entsprechend \( y\le x \) bzw. gleichbedeutend \( x\ge y. \)

 

Definition: Es seien \( x,y\in\mathbb R \) mit \( x\lt y. \) Dann setzen wir

\( \circ \) \( (x,y):=\{z\in\mathbb R\,:\,x\lt z\lt y\} \)
\( \circ \) \( (x,y]:=\{z\in\mathbb R\,:\,x\lt z\le y\} \)
\( \circ \) \( [x,y):=\{z\in\mathbb R\,:\,x\le z\lt y\} \)
\( \circ \) \( [x,y]:=\{z\in\mathbb R\,:\,x\le z\le y\} \)

Dabei heißen \( (x,y) \) ein offenes Intervall, \( (x,y] \) und \( [x,y) \) halboffene Intervalle und \( [x,y] \) ein abgeschlossenes Intervall. Ferner vereinbaren wir \[ (-\infty,x):=\{z\in\mathbb R\,:\,z\lt x\},\quad (x,\infty):=\{z\in\mathbb R\,:\,x\lt z\} \] und entsprechend \( (-\infty,x], \) \( [x,\infty). \)

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.2.6 Die reellen Zahlen als Körper

 

Fassen wir unsere bisherigen Ergebnisse zusammen, so gelangen wir zu dem

 

Satz: Die Menge \( \mathbb R \) der reellen Zahlen wird mit den Operationen \[ x+y,\quad x\cdot y \] der Addition und Multiplikation und den Ordnungsrelationen \[ x=0,\quad x\gt 0,\quad x\lt 0 \] zu einem archimedisch angeordneten Körper.

 

Bemerkung: Das Archimedische Axiom bedarf eigentlich eines eigenen Nachweises, worauf wir hier aber nicht eingehen.

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.2.7 Aufgaben

 

Aufgaben zu Beschränktheit rationaler Cauchyfolgen

 

Aufgabe 3.2.1: (Rationale Cauchyfolgen sind beschränkt)

Führen Sie den Beweis des Satzes aus Paragraph 3.2.1 aus.

 

Aufgaben zu Addition und Multiplikation reeller Zahlen

 

Aufgabe 3.2.2: (Rationale Cauchyfolgen unter Addition)

Es seien \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}, \) \( \{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}, \) \( \{x_n'\}_{n=0,1,2,\ldots} \) und \( \{y_n'\}_{n=0,1,2,\ldots} \) rationale Cauchyfolgen mit \[ \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\sim_{\mathbb R}\{x_n'\}_{n=0,1,2,\ldots}\,,\quad \{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\sim_{\mathbb R}\{y_n'\}_{n=0,1,2,\ldots} \] Beweisen Sie:

(i) Es ist auch \( \{x_n+y_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) eine rationale Cauchyfolge.
(ii) Es gilt \( \{x_n+y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\sim_{\mathbb R}\{x_n'+y_n'\}_{n=0,1,2,\ldots} \)

 

Aufgaben zu Ordnungsstruktur reeller Zahlen

 

Aufgabe 3.2.3\(^*\): (Die Bernoullische Ungleichung)

Beweisen Sie, dass für alle \( n\in\mathbb N_0 \) und für alle reellen Zahlen \( x\ge -1 \) gilt \[ (1+x)^n\ge 1+nx \] mit dem \( n-\)fachen Produkt \( z^n:=z\cdot\ldots\cdot z. \)

 

Aufgabe 3.2.4\(^*\): (Folgerung aus der Bernoullischen Ungleichung)

Es sei \( x\in\mathbb R \) eine reelle Zahl. Beweisen Sie:

(i) Ist \( x\gt 1, \) so existiert zu jedem \( K\gt 0 \) ein \( N(K)\in\mathbb N \) mit

\[ x^n\gt K\quad\mbox{für alle}\ n\ge N(K). \]

(ii) Ist \( 0\lt x\lt 1, \) so ist \( \{x^n\}_{n=1,2,\ldots} \) reelle Nullfolge, d.h. zu jedem \( \varepsilon\gt 0 \) gibt es ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) mit

\[ |x^n|\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ n\ge N(\varepsilon). \]

 

Aufgabe 3.2.5: (Kontraktionsabbildungen)

Gegeben sei eine reelle Zahl \( a_1\in\mathbb R. \) Vermöge der Abbildung \( f\colon\mathbb R\to\mathbb R, \) die mit einem \( q\in(0,1) \) der Kontraktionsbedingung \[ |f(x)-f(y)|\le q|x-y|\quad\mbox{für alle}\ x,y\in\mathbb R \] genügt, definieren wir eine Zahlenfolge \( \{a_n\}_{n=1,2,\ldots} \) gemäß \[ a_n:=f(a_{n-1}),\quad n=2,3,4,\ldots \]

(i) Beweisen Sie

\[ |a_{n+1}-a_n|\le q^{n-1}|a_2-a_1|\quad\mbox{für alle}\ n=1,2,\ldots \]

(ii) Folgern Sie, dass \( \{a_n\}_{n=1,2,\ldots} \) eine reelle Cauchyfolge ist.

 

Aufgaben zu Die multiplikative Inverse einer reellen Zahl

 

Aufgabe 3.2.6: (Inverse Elemente)

Es seien \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) und \( \{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) äquivalente rationale Cauchyfolgen, die beide keine Nullfolgen sind und sogar erfüllen \[ x_n\not=0,\ y_n\not=0\quad\mbox{für alle}\ n=0,1,2,\ldots \]

(i) Beweisen Sie, dass auch \( \{x_n^{-1}\}_{n=0,1,2,\ldots} \) und \( \{y_n^{-1}\}_{n=0,1,2,\ldots} \) rationale Cauchyfolgen sind.
(ii) Beweisen Sie, dass gilt

\[ \{x_n^{-1}\}_{n=0,1,2,\ldots}\sim_{\mathbb R}\{y_n^{-1}\}_{n=0,1,2,\ldots} \]

 

Aufgaben zu Reelle Zahlenintervalle

 

Aufgabe 3.2.7: (Auflösen von Ungleichungen mit Brüchen)

Bestimmen Sie alle \( x\in\mathbb R, \) welche den folgenden Ungleichungen genügen.

(i) \( \displaystyle\frac{1}{x-2}\le 1 \) (ii) \( \displaystyle\frac{x+1}{x-1}\lt 2 \)

 

Aufgabe 3.2.8: (Quadratische Ergänzung und mehr)

Beweisen Sie die Richtigkeit folgender Ungleichungen:

(i) \( 1+x\ge 2\sqrt{x} \) für alle \( x\ge 0 \)
(ii) \( \displaystyle x+\frac{1}{x}\ge 2 \) für alle \( x\gt 0 \)
(iii) \( 2(x^2+y^2)\ge(x+y)^2 \) für alle \( x,y\in\mathbb R \)
(iv) \( \displaystyle\frac{1}{x}+\frac{1}{y}\ge\frac{4}{x+y} \) für alle \( x,y\gt 0 \)

 

Aufgabe 3.2.9\(^*\): (Auflösen von Betragsungleichungen)

Bestimmen Sie alle \( x\in\mathbb R, \) welche den folgenden Betragsungleichungen genügen.

(i) \( \displaystyle |x|\lt 3 \) (ii) \( \displaystyle |x-1|\ge 2 \)
(iii) \( \displaystyle 0\lt|x-1|\lt 2 \) (iv) \( \displaystyle |x-1|\ge|x+2| \)

 

Aufgabe 3.2.10: (Wissenschaft und Fortschritt, Aufgabe 24/77)

Gegeben seien \( n \) Brüche \( \frac{a_i}{b_i}, \) \( i=1,2,\ldots,n, \) die sämtlich in einem beliebigen Intervall \( I=[a,b] \) liegen und deren Nenner \( b_i \) sämtlich positiv sind. Zeigen Sie, dass dann auch der Bruch \[ \frac{\displaystyle\sum_{i=1}^na_i}{\displaystyle\sum_{i=1}^nb_i} \] im Intervall \( I \) liegt.

 

Aufgaben zu Die reellen Zahlen als Körper

 

Aufgabe 3.2.11: (Rational oder irrational?)

Es seien \( a,b,c,d\in\mathbb Q \) rational mit \( ad-bc\not=0 \) und \( x\in\mathbb R \) irrational. Ferner gelte \( cx+d\not=0. \) Beweisen Sie, dass dann \[ z:=\frac{ax+b}{cx+d} \] irrational ist.

 

(siehe S. Hildebrandt: Analysis 1, Kapitel 1, Seite 23, Aufgabe 9)

 


 

 

3.2.8 Wiederholungsfragen

 

1. Was versteht man unter Beschränktheit rationaler Cauchyfolgen?
2. Wie werden reelle Zahlen addiert und multipliziert?
3. Wann heißt eine rationale Cauchyfolge eine Nullfolge, vom Typ \( R^+ \) bzw. vom Typ \( R^-? \)
4. Wann gilt für eine reelle Zahl \( x=0, \) \( x\gt 0 \) bzw. \( x\lt 0?\)
5. Wie ist die multiplikative Inverse einer reellen Zahl definiert?
6. Wie sind die reellen Zahlenintervalle \( (x,y), \) \( (x,y], \) \( [x,y), \) \( [x,y], \) \( (-\infty,x) \) usw. definiert?

 


 

3.3 Weitere Eigenschaften reeller Zahlen

 

3.3.1 Lösung der p-ten Wurzelgleichung - Beginn

 

Wir beginnen diesen Abschnitt mit dem folgenden

 

Satz: Seien \( p\in\mathbb N \) und \( z\in\mathbb R \) mit \( z\gt 0. \) Dann existiert genau eine Zahl \( x\ge 0 \) mit \[ x^p=z,\quad\mbox{in Zeichen}\ x=\sqrt[p]{z}\,. \]

 

Beweis der Eindeutigkeit: Angenommen, \( x\gt 0 \) und \( y\gt 0 \) lösen \( x^p=z \) und \( y^p=z. \) Ohne Einschränkung sei \( 0\lt x\lt y. \) Es folgt dann \( 0\lt x^p\lt y^p \) im Widerspruch zu \[ z=x^p=y^p\,. \] Also gilt notwendig \( x=y.\qquad\Box \)

 

Beweis der Existenz (Beginn):\(^*\) Wir gehen in mehreren Schritten vor. Beachten Sie insbesondere die Benutzung der Ordnungsrelationen \( \gt \) usw. für rationale wie auch für nicht rationale Zahlen.

 

Erster Schritt:

Angenommen, es existiert kein \( x\in\mathbb Q \) mit \( x^p=z, \) denn ansonsten sehen wir die Aufgabe für uns als gelöst an. Für \( n=0,1,2,\ldots \) betrachte die rationale Zahlenfolge \[ \left\{\left(\frac{i}{10^n}\right)^p\right\}_{i=0,1,2,\ldots} \] bzw. schematisch \[ \begin{array}{cccccc} n=0: & 0 & 1^p & 2^p & 3^p & \cdots & \\ n=1: & 0 & \displaystyle\left(\frac{1}{10}\right)^p & \displaystyle\left(\frac{2}{10}\right)^p & \displaystyle\left(\frac{3}{10}\right)^p & \cdots & \\ n=2: & 0 & \displaystyle\left(\frac{1}{100}\right)^p & \displaystyle\left(\frac{2}{100}\right)^p & \displaystyle\left(\frac{3}{100}\right)^p & \cdots & \mbox{usw.} \end{array} \tag{\(*\)} \] Diese Folgen zerlegen \( [0,\infty)\subset\mathbb R \) derart, dass beim Übergang von der \( n \)-ten Folge zur \( (n+1) \)-ten Folge jedes Teilintervall in \( 10 \) neue Teilintervalle zerlegt wird. Die zu konstruierende Lösung \( x\not\in\mathbb Q, \) wobei wir \( x\gt 0 \) annehmen dürfen, befindet sich stets im „Inneren“ der durch \( \left\{\frac{i}{10^n}\right\}_{n=0,1,2,\ldots} \) erzeugten Zerlegungsintervalle und daher \( x^p \) stets im „Inneren“ der Zerlegungsintervalle aus \( (*). \)

 

Zweiter Schritt:

Zur Konstruktion von \( x\not\in\mathbb Q \) betrachten wir daher folgende rationale Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots}\subset\mathbb Q \) mit Gliedern \[ x_n=\sum_{k=0}^n\frac{b_k}{10^k}=b_0+\sum_{k=1}^n\frac{b_k}{10^k}\le b_0+1,\quad n=1,2,\ldots\,, \tag{\(\alpha\)} \] mit gewissen \( b_0\in\mathbb N_0, \) sonst \( b_k\in\{0,1,2,\ldots,9\} \) für \( k=1,2,\ldots \) und den Eigenschaften \[ x_n\le x_m\le x_n+\frac{1}{10^n}\quad\mbox{für alle}\ m\ge n \] sowie \[ x_n^p\lt z\lt\left(x_n+\frac{1}{10^n}\right)^p\quad\mbox{für alle}\ n=0,1,2,\ldots\,. \tag{\(\beta\)} \] Das ist möglich, denn andernfalls hätte \( x^p=z \) eine rationale Lösung. Wegen \( (\alpha) \) und \( (\beta) \) handelt es sich bei \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) um eine rationale Cauchyfolge, vergleiche auch unsere abschließenden Diskussionen in Paragraph 3.1.3. Wir definieren folgerichtig die reelle Zahl \[ x:=[\{x_n\}_{n=1,2,\ldots}]_{\mathbb R} \] mit den Eigenschaften \[ x_n\le x\le x_n+\frac{1}{10^n}\quad\mbox{für alle}\ n=1,2,\ldots \] sowie \[ x_n^p\le x^p\le\left(x_n+\frac{1}{10^n}\right)^p\quad\mbox{für alle}\ n=1,2,\ldots \tag{\(\gamma\)} \] Der Beweis wird im übernächsten Abschnitt fortgeführt.

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.3.2 Der binomische Lehrsatz

 

Um unsere Untersuchungen fortzusetzen, benötigen wir folgende binomische Formel.

 

Satz: Sei \( \mathbb K \) ein angeordneter Körper. Für alle \( m\in\mathbb N_0 \) und alle \( x,y\in\mathbb K \) gilt dann die binomische Formel \[ (x+y)^m=\sum_{k=0}^m\binom{m}{k}x^ky^{m-k} \] mit den Binomialkoeffizienten \[ \binom{m}{k}:=\frac{m!}{k!(m-k)!}\,,\quad k,m\in\mathbb N_0\ \mbox{mit}\ m-k\ge 0. \]

 

Bemerkung: Wegen \( 0!=1 \) gelten insbesondere \[ \binom{0}{0}=1 \quad\mbox{und}\quad \binom{m}{0}=\binom{m}{m}=1\ \mbox{für}\ m\in\mathbb N. \]

 

Bemerkung: In den Fällen \( n=0,1,2 \) nimmt die binomische Formel die folgenden bekannten Formen an \[ \begin{array}{l} \displaystyle (x+y)^0=\sum_{k=0}^0\binom{0}{k}x^ky^{0-k}=\binom{0}{0}x^0y^0=1, \\ \displaystyle (x+y)^1=\sum_{k=0}^1\binom{1}{k}x^ky^{1-k}=\binom{1}{0}x^0y^1+\binom{1}{1}x^1y^0=x+y, \\ \displaystyle (x+y)^2=\sum_{k=0}^2\binom{2}{k}x^ky^{2-k}=\binom{2}{0}x^0y^2+\binom{2}{1}xy+\binom{2}{2}x^2y^0=x^2+2xy+y^2\,. \end{array} \]

 

Beweis des Satzes: Der Beweis wird vermittels vollständiger Induktion geführt. Vorige Bemerkung enthält den Induktionsanfang. Angenommen also, die Behauptung ist bereits für ein \( n\in\mathbb N \) gezeigt. Unter Verwendung der als Übung zu zeigenden Identität \[ \binom{n+1}{k}=\binom{n}{k}+\binom{n}{k-1}\quad\mbox{für alle}\ n,k\in\mathbb N\ \mbox{mit}\ n\ge k\ge 1 \] berechnen wir \[ \begin{array}{lll} (x+y)^{n+1}\negthickspace & = & \negthickspace\displaystyle (x+y)(x+y)^n \\ & = & \negthickspace\displaystyle (x+y)\cdot\sum_{k=0}^n\binom{n}{k}x^ky^{n-k} \\ & = & \negthickspace\displaystyle x\cdot\sum_{k=0}^n\binom{n}{k}x^ky^{n-k}+y\cdot\sum_{k=0}^n\binom{n}{k}x^ky^{n-k} \\ & = & \negthickspace\displaystyle \sum_{k=0}^n\binom{n}{k}x^{k+1}y^{n-k}+\sum_{k=0}^n\binom{n}{k}x^ky^{n-k+1} \\ & = & \negthickspace\displaystyle \sum_{k=0}^{n-1}\binom{n}{k}x^{k+1}y^{n-k}+x^{n+1}+\sum_{k=1}^n\binom{n}{k}x^ky^{n-k+1}+y^{n+1} \\ & = & \negthickspace\displaystyle \sum_{k=1}^n\binom{n}{k-1}x^ky^{n-k+1}+x^{n+1}+\sum_{k=1}^n\binom{n}{k}x^ky^{n-k+1}+y^{n+1} \\ & = & \negthickspace\displaystyle \sum_{k=1}^n\left\{\binom{n}{k-1}+\binom{n}{k}\right\}x^ky^{n-k+1}+x^{n+1}+y^{n+1} \\ & = & \negthickspace\displaystyle \sum_{k=1}^n\binom{n+1}{k}x^ky^{n-k+1}+x^{n+1}+y^{n+1} \\ & = & \negthickspace\displaystyle \sum_{k=0}^{n+1}\binom{n+1}{k}x^ky^{n-k+1}\,. \end{array} \] Damit ist die Behauptung bewiesen.\( \qquad\Box \)

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.3.3 Lösung der p-ten Wurzelgleichung - Abschluss

 

Wir führen nun unseren Existenzbeweis zu Ende.

 

Beweis der Existenz (Fortsetzung):\(^*\) Mit \( (\alpha), \) \( (\beta), \) \( (\gamma) \) und der binomischen Formel ermitteln wir (mit \( x_n\gt 0 \) ) \[ \begin{array}{lll} 0\negthickspace & \le & \negthickspace\displaystyle |x^p-z| \,\stackrel{(\beta),(\gamma)}{\le}\,\left(x_n+\frac{1}{10^n}\right)^p-x_n^p \,\stackrel{x_n\gt 0}{=}\,\left(1+\frac{1}{x_n\cdot 10^n}\right)^px_n^p-x_n^p \\ & = & \negthickspace\displaystyle \left\{\left(\frac{1}{x_n\cdot 10^n}+1\right)^p-1\right\}x_n^p \,=\,x_n^p\cdot\sum_{k=1}^p\binom{p}{k}\left(\frac{1}{x_n\cdot 10^n}\right)^k \\ & \stackrel{(\alpha)}{\le} & \negthickspace\displaystyle (1+b_0)^p\cdot\sum_{k=1}^p\binom{p}{k}\left(\frac{1}{x_n\cdot 10^n}\right)^p\,. \end{array} \] Mit wachsendem \( n\in\mathbb N \) wird die rechts stehende Summe beliebig klein nach dem Archimedischen Axiom, d.h. es ist notwendig \[ |x^p-z|=0\quad\mbox{bzw.}\quad z=x^p\,. \] Also löst \( x=[\{x_n\}_{n=1,2,\ldots}]_{\mathbb R} \) die Gleichung \( x^p=z.\qquad\Box \)

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.3.4 Dezimaldarstellung reeller Zahlen

 

Wie in den vorigen Paragraphen bereits vorweggenommen, kann jede reelle Zahl wie folgt in Dezimaldarstellung geschrieben werden.

 

Sei beispielsweise ein \( x\in[0,1] \) gewählt.

 

\( \circ \) Zerlege \( [0,1] \) sukzessive in \( 10, \) \( 100 \) usw. kongruente Teilintervalle.
\( \circ \) Nach jedem Schritt liegt \( x \) innerhalb eines solchen Teilintervalls bzw. auf dessen Rand.

 

Ist \( \widetilde x_n\in\mathbb Q \) der linke Rand eines solchen Teilintervalls nach dem \( n \)-ten Schritt, so gilt \[ \widetilde x_n\le x\le\widetilde x_n+\frac{1}{10^n}\,,\quad n=1,2,\ldots\,, \] mit der Setzung \[ \widetilde x_n:=\sum_{k=0}^n\frac{x_k}{10^k}\,, \] worin \( x_0\in\{0,1\}, \) sonst \( x_m\in\{0,1,2,\ldots,9\} \) für \( m=1,2,\ldots \) Es ergibt sich die rationale Cauchyfolge mit den Gliedern \[ \widetilde x_1=x_0+\frac{x_1}{10}\,,\quad \widetilde x_2=x_0+\frac{x_1}{10}+\frac{x_2}{100} \quad\mbox{usw.,} \] die die Zahl \( x \) repräsentiert. Die \( x_m, \) \( m=0,1,2,\ldots, \) heißen die Koeffizienten der Dezimaldarstellung \[ x_0,x_1x_2x_3\ldots \]

 

Beispiel: Die reelle Zahl \( 1\in\mathbb R \) besitzt die beiden Dezimaldarstellungen \[ 1=1,000\ldots \quad\mbox{sowie}\quad 1=0,999\ldots \] Dezimaldarstellungen sind im Allgemeinen also nicht eindeutig.

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.3.5 Überabzählbarkeit der reellen Zahlen

 

Zunächst ist folgender Hilfssatz richtig, dessen Beweis wir als Übung belassen.

 

Hilfssatz: Weichen in der Dezimaldarstellung zweier reeller Zahlen \( x,y\in[0,1] \) die Koeffizienten an einer Stelle um genau den Betrag \( 2 \) voneinander ab, so ist \( x\not=y. \)

 

Die reellen Zahlen \( \mathbb R \) unterscheiden sich nun in folgender wichtigen, mengentheoretischen Eigenschaft von der abzählbar unendlichen Menge der rationalen Zahlen \( \mathbb Q. \)

 

Satz: Die Menge \( \mathbb R \) der reellen Zahlen ist überabzählbar.

 

Beweis: Wir gehen in zwei Schritten vor.

1. Betrachte nur die Menge

\[ M:=\{x\in\mathbb R\,:\,x\in[0,1]\}\,. \]

  Weisen wir \( M \) als überabzählbar nach, dann folgt auch die Behauptung des Satzes. Wäre nun \( M \) abzählbar, so lassen sich alle \( x\in M \) als eine Folge \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) darstellen. Jedes \( x_n\in M \) besitzt eine Dezimaldarstellung und kann durch eine rationale Cauchyfolge wie folgt repräsentiert werden

\[ x_n=\left[\left\{\sum_{k=1}^m\frac{b_{nk}}{10^k}\right\}_{m=1,2,\ldots}\right]_{\mathbb R}\,,\quad b_{nk}\in\{0,1,2,\ldots,9\}\,, \]

  bzw. schematisch

\[ \begin{array}{cl} x_1\,: & \quad\displaystyle\frac{b_{11}}{10}+\frac{b_{12}}{10^2}+\frac{b_{13}}{10^3}+\frac{b_{14}}{10^4}+\ldots \\ x_2\,: & \quad\displaystyle\frac{b_{21}}{10}+\frac{b_{22}}{10^2}+\frac{b_{23}}{10^3}+\frac{b_{24}}{10^4}+\ldots \\ x_3\,: & \quad\displaystyle\frac{b_{31}}{10}+\frac{b_{32}}{10^2}+\frac{b_{33}}{10^3}+\frac{b_{34}}{10^4}+\ldots\quad\mbox{usw.} \end{array} \]

2. Wähle eine Folge \( \{b_n\}_{n=1,2,\ldots}\subset\mathbb N, \) \( b_n\in\{0,1,2,\ldots,9\}, \) mit der Eigenschaft

\[ |b_n-b_{nn}|=2\quad\mbox{für alle}\ n=1,2,\ldots\,, \]

  und definiere die reelle Zahl

\[ z:=\left[\left\{\sum_{k=1}^m\frac{b_k}{10^k}\right\}_{m=1,2,\ldots}\right]_{\mathbb R}\,. \]

  Dann stimmt \( z \) mit keiner Zahl der Folge \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) überein. Wäre nämlich \( z=x_n \) für ein \( n\in\mathbb N, \) so unterscheiden sich \( z \) und \( x_n \) wenigstens in der \( n \)-ten Dezimalstelle um den Betrag \( 2, \) und mit dem vorigen Hilfssatz erhalten wir \( z\not= x_n \) - ein Widerspruch.

Also sind \( [0,1] \) und damit auch \( \mathbb R \) nicht abzählbar.\( \qquad\Box \)

 

Das in diesem Beweis verwendete Verfahren heißt zweites Cantorsches Diagonalverfahren.

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.3.6 Aufgaben

 

Aufgaben zu Lösung der p-ten Wurzelgleichung - Beginn und Abschluss

 

Aufgabe 3.3.1: (Eine kurze und einfache Textaufgabe)

Gesucht sind zwei Zahlen \( x,y\in\mathbb R, \) deren Summe gleich \( 7 \) und deren Produkt gleich \( 12 \) ist.

 

Aufgabe 3.3.2: (Faktorisieren von Potenzen)

Es sei \( n\in\mathbb N, \) \( n\ge 2. \) Verifizieren Sie die folgenden Identitäten:

(i) \( x^2-y^2=(x-y)(x+y) \)
(ii) \( x^3-y^3=(x-y)(x^2+xy+y^2) \)
(iii) \( x^n-y^n=(x-y)(x^{n-1}+x^{n-2}y+x^{n-3}y^2+\ldots+xy^{n-2}+y^{n-1}) \)

 

Aufgabe 3.3.3\(^*\): (Folgerung aus dem Faktorisieren von Potenzen)

(i) Beweisen Sie, dass für alle \( k\in\mathbb N \) gilt

\[ \sqrt{k}-\sqrt{k-1}\le\frac{1}{\sqrt{k}}\,. \]

  Benutzen Sie dabei eventuell die Identität \( x^2-y^2=(x-y)(x+y). \)
(ii) Beweisen Sie damit

\[ 1+\frac{1}{\sqrt{2}}+\frac{1}{\sqrt{3}}+\ldots+\frac{1}{\sqrt{n}}\ge\sqrt{n}\quad\mbox{für alle}\ n\in\mathbb N. \]

 

Aufgabe 3.3.4: (Wissenschaft und Fortschritt, Aufgabe 9/89)

Man ermittle alle nichtnegativen reellen Zahlen \( x, \) die der Gleichung genügen \[ \sqrt[3]{x}+\sqrt[4]{x}=6\sqrt[6]{x}\,. \]

 

Aufgaben zu Der binomische Lehrsatz

 

Aufgabe 3.3.5: (Ganzzahligkeit der Binomialkoeffizienten)

(i) Beweisen Sie die Pascalsche Identität

\[ \binom{n+1}{k}=\binom{n}{k}+\binom{n}{k-1}\quad\mbox{für alle}\ n,k\in\mathbb N\ \mbox{mit}\ n\ge k\ge 1. \]

(ii) Beweisen Sie damit, dass Binomialkoeffizienten stets natürliche Zahlen sind.

 

Aufgabe 3.3.6: (Eine spezielle Summe von Wurzeln)

Beweisen Sie mit Hilfe des binomischen Lehrsatzes, dass \[ z:=\big(1+\sqrt{3}\big)^n+\big(1-\sqrt{3}\big)^n \] für jedes \( n\in\mathbb N \) eine natürliche Zahl ist (Prof. A. Griewank, Analysis 1, WS 2012/13, HU Berlin).

 

Aufgabe 3.3.7\(^*\): (Binomischer Lehrsatz und Summenausdrücke I)

Beweisen Sie die folgenden Identitäten:

(i) \( \displaystyle\sum_{k=0}^n\binom{n}{k}=2^n \)
(ii) \( \displaystyle\sum_{k=0}^n(-1)^k\binom{n}{k}=0 \) mit \( n\ge 1 \)
(iii) \( \displaystyle\sum_{k=0}^n2^n(-2)^k\binom{n}{k}=(-2)^n \)

 

Aufgabe 3.3.8: (Binomischer Lehrsatz und Summenausdrücke II)

Beweisen Sie die folgenden Identitäten:

(i) \( \displaystyle\sum_{k=0,\ k\ \mbox{gerade}}^n\binom{n}{k}=2^{n-1} \)
(ii) \( \displaystyle\sum_{k=0,\ k\ \mbox{ungerade}}^n\binom{n}{k}=2^{n-1} \)

 

Aufgaben zu Dezimaldarstellung reeller Zahlen

 

Aufgabe 3.3.9: (b-adische Darstellung reeller Zahlen)

Es sei \( b\ge 2 \) eine natürliche Zahl. Einer Zahlenfolge \[ a_{-k},a_{-k+1},a_{-k+2},\ldots,a_{-1},a_0,a_1,a_2,\ldots,a_k,\ldots\quad\mbox{mit}\ a_n\in\mathbb N,\ a_n\in[0,b), \] ordnen wir die folgende \( b \)-adische Reihe zur Basis \( b \) zu \[ s:=\sum_{\nu=-k}^\infty\frac{a_\nu}{b^\nu}=a_{-k}b^k+\ldots+a_{-1}b+a_0+\frac{a_1}{b}+\frac{a_2}{b^2}+\ldots \] Ferner definieren wir den folgenden \( b \)-adischen Bruch \[ s_n:=\sum_{\nu=-k}^n\frac{a_\nu}{b^\nu}\,,\quad n\in\mathbb N. \] Beweisen Sie:

(i) Es ist \( \{s_n\}_{n=-k,-k+1,\ldots} \) eine rationale Cauchyfolge und repräsentiert daher eine reelle Zahl.
(ii) Jede nichtnegative reelle Zahl \( x\ge 0 \) lässt sich in eine \( b \)-adische Reihe entwickeln.

 

Aufgaben zu Überabzählbarkeit der reellen Zahlen

 

Aufgabe 3.3.10\(^*\): (Überabzählbarkeit der irrationalen Zahlen)

Beweisen Sie, dass die Menge der irrationalen Zahlen überabzählbar ist.

 

Aufgabe 3.3.11: (Überabzählbarkeit der Potenzmenge der natürlichen Zahlen)

Beweisen Sie, dass die Potenzmenge \( {\mathcal P}(\mathbb N) \) der natürlichen Zahlen überabzählbar ist.

 

Aufgabe 3.3.12: (Hilfssatz zur Überabzählbarkeit der reellen Zahlen)

Beweisen Sie: Weichen in der Dezimaldarstellung zweier reeller Zahlen \( x,y\in[0,1] \) die Koeffizienten an einer Stelle um genau den Betrag \( 2 \) voneinander ab, so ist \( x\not=y. \)

 


 

 

3.3.7 Wiederholungsfragen

 

1. Wie lautet der binomische Lehrsatz?
2. Wie sind die Binomialkoeffizienten definiert?
3. Was versteht man unter der Dezimaldarstellung einer reellen Zahl?
4. Ist diese Dezimaldarstellung eindeutig? Geben Sie eventuell ein Gegenbeispiel.
5. Was versteht man unter der Überabzählbarkeit der reellen Zahlen?
6. Mit welchem Verfahren haben wir die Überabzählbarkeit der reellen Zahlen bewiesen?
7. Erläutern Sie dieses zweite Cantorsche Diagonalverfahren.

 


 

3.4 Reelle Zahlenfolgen

 

3.4.1 Konvergente und divergente Zahlenfolgen

 

Analog unseren Ausführungen in Abschnitt 3.1.2, verstehen wir unter einer reellen Zahlenfolge eine Abbildung \[ \mathbb N_0\ni n\mapsto x_n\in\mathbb R\quad\mbox{(oder}\ \mathbb N\ \mbox{statt}\ \mathbb N_0) \] und schreiben \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb R. \)

 

Wir übertragen als Erstes den Begriff der rationalen Cauchyfolge auf reelle Zahlenfolgen:

 

Definition: Eine reelle Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb R \) heißt eine reelle Cauchyfolge, falls es zu jedem \( \varepsilon\gt 0 \) eine natürliche Zahl \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) gibt mit \[ |x_n-x_m|\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ n,m\ge N(\varepsilon). \]

 

Zur Definition des Grenzwertes benötigen wir den Begriff einer Nullfolge:

 

Definition: Die reelle Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb R \) heißt eine reelle Nullfolge, falls zu jedem \( \varepsilon\gt 0 \) ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) existiert mit \[ |x_n|\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ n\ge N(\varepsilon). \] Sie heißt ferner konvergent gegen ein \( x\in\mathbb R, \) in Zeichen \[ \lim_{n\to\infty}x_n=x, \] falls \( \{x_n-x\}_{n=0,1,2,\ldots} \) eine Nullfolge ist. In diesem Fall heißt \( x\in\mathbb R \) der Grenzwert der Folge. Eine nicht konvergente Zahlenfolge heißt divergent.

 

Als Übung beweise man den

 

Satz: Ist die reelle Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb R \) konvergent gegen ein \( x\in\mathbb R, \) so ist ihr Grenzwert eindeutig, d.h. sind \[ x=\lim_{n\to\infty}x_n\quad\mbox{und}\quad y=\lim_{n\to\infty}x_n\,, \] so gilt notwendig \( x=y. \)

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.4.2 Erste Eigenschaften konvergenter Zahlenfolgen

 

Konvergente Folgen dürfen wir wie folgt addieren und multiplizieren:

 

Satz: Es seien \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) und \( \{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) zwei konvergente reelle Zahlenfolgen mit \[ x:=\lim_{n\to\infty}x_n\,,\quad y:=\lim_{n\to\infty}y_n\,. \]

(i) Dann gelten

\[ \lim_{n\to\infty}(x_n+y_n)=x+y,\quad \lim_{n\to\infty}(x_n\cdot y_n)=x\cdot y. \]

(ii) Falls \( x_n\not=0 \) für alle \( n=0,1,2,\ldots \) und \( x\not=0, \) so gilt

\[ \lim_{n\to\infty}\frac{1}{x_n}=\frac{1}{x}\,. \]

 

Diesen sowie den nachstehenden Satz über die Beschränktheit konvergenter Folgen beweisen wir in den Übungen.

 

Satz: Die folgenden Aussagen sind richtig:

(i) Ist \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) konvergent, so existiert ein \( C\in\mathbb R \) mit

\[ |x_n|\le C\quad\mbox{für alle}\ n=0,1,2,\ldots. \]

(ii) Ist \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) konvergent und nach oben beschränkt gemäß

\[ x=\lim_{n\to\infty}x_n \quad\mbox{und}\quad x_n\le C\ \mbox{für alle}\ n=0,1,2,\ldots, \]

  so gilt auch

\[ x\le C. \]

  Eine entsprechende Aussage gilt auch für konvergente und nach unten beschränkte Folgen.

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.4.3 Dichtheit der rationalen Zahlen, Vollständigkeit der reellen Zahlen

 

Reelle Zahlen lassen sich beliebig genau durch rationale Zahlen approximieren, d.h. in jeder beliebig kleinen „\( \varepsilon \)-Umgebung“ um eine reelle Zahl finden wir stets eine rationale Zahl. Das ist der Inhalt von

 

Satz und Definition: Es liegt \( \mathbb Q \) dicht in \( \mathbb R, \) d.h. zu jedem \( x\in\mathbb R \) existiert eine rationale Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb Q \) mit \[ \lim_{n\to\infty}x_n=x. \]

 

Beweis:\(^*\) Wir gehen in zwei Schritten vor.

1. Sei \( x=[\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R} \) mit der rationalen Cauchyfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb Q. \) Setze

\[ \widetilde x_m:=[\{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R} \quad\mbox{mit}\quad \{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}=\{x_m,x_m,x_m,\ldots\} \]

  mit \( m\in\mathbb N_0. \) Dann gilt

\[ x-\widetilde x_m =[\{x_n-y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R} =[\{x_n-x_m\}_{n=0,1,2,\ldots}]_{\mathbb R} \]

2. Nach Voraussetzung existiert zu vorgegebenem \( \varepsilon\gt 0 \) ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) mit

\[ |x_n-x_m|\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ m,n\ge N(\varepsilon) \]

  bzw. äquivalent

\[ -\varepsilon\lt x_n-x_m\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ m,n\ge N(\varepsilon). \]

  Für die von \( \{x_n-x_m\}_{n=0,1,2,\ldots} \) repräsentierte reelle Zahl \( x-\widetilde x_m \) bedeutet das nach der zweiten Definition aus Paragraph 3.2.3

\[ \begin{array}{l} (x-\widetilde x_m)-\varepsilon\lt 0\quad\mbox{für alle}\ m\ge N(\varepsilon) \\ (x-\widetilde x_m)+\varepsilon\gt 0\quad\mbox{für alle}\ m\ge N(\varepsilon) \end{array} \]

  bzw.

\[ -\varepsilon\lt x-\widetilde x_m\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ m\ge N(\varepsilon) \]

  bzw.

\[ |x-\widetilde x_m|\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ m\ge N(\varepsilon). \]

  Also gilt

\[ \lim_{m\to\infty}\widetilde x_m=x. \] Damit ist der Satz bewiesen.\( \qquad\Box \)

 

Das nächste Resultat ist bekannt als Vollständigkeitskriterium der reellen Zahlen oder auch Cauchysches Konvergenzkriterium:

 

Satz: Eine reelle Zahlenfolge ist genau dann konvergent in \( \mathbb R, \) wenn sie eine reelle Cauchyfolge ist.

 

Beispiel: Es ist \( \mathbb Q \) nicht vollständig. Beispielsweise konvergiert die rekursiv gegebene Zahlenfolge \[ x_1:=1,\quad x_{n+1}:=\frac{x_n}{2}+\frac{1}{x_n} \] nicht in \( \mathbb Q, \) sondern gegen die nichtrationale Zahl \( \sqrt{2}\in\mathbb R\setminus\mathbb Q. \)

 

Beweis: Es sind zwei Richtungen zu beweisen.

1. Es konvergiere \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) gegen \( x\in\mathbb R, \) d.h. zu \( \varepsilon\gt 0 \) existiert ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) mit

\[ |x-x_n|\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ n\ge N(\varepsilon). \]

  Mit der Dreiecksungleichung folgt für alle \( m,n\ge N(\varepsilon) \)

\[ |x_n-x_m| =|(x_n-x)+(x-x_m)| \le|x_n-x|+|x_m-x| \lt\varepsilon+\varepsilon =2\varepsilon, \]

  d.h. \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) ist eine reelle Cauchyfolge.
2.\(^*\) Nun sei \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) eine reelle Cauchyfolge, d.h. zu \( \varepsilon\gt 0 \) existiert ein \( N(\varepsilon)\in\mathbb N \) mit

\[ |x_n-x_m|\lt\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ m,n\ge N(\varepsilon). \]

  Es liegt \( \mathbb Q \) dicht in \( \mathbb R, \) d.h. für jedes Folgenglied \( x_n \) gibt es ein \( a_n\in\mathbb Q \) mit

\[ |x_0-a_0|\le 1,\quad |x_n-a_n|\le\frac{1}{n}\,,\quad n=0,1,2,\ldots \]

  Mit der Dreiecksungleichung folgt

\[ \begin{array}{lll} |a_n-a_m|\negthickspace & = & \negthickspace\displaystyle |(a_n-x_n)+(x_n-x_m)+(x_m-a_m)| \\ & \le & \negthickspace\displaystyle |a_n-x_n|+|x_n-x_m|+|x_m-a_m| \\ & \le & \negthickspace\displaystyle \frac{1}{n}+\varepsilon+\frac{1}{m} \end{array} \]

  für alle \( m,n\ge N(\varepsilon). \) Weiter existiert ein \( M(\varepsilon)\ge N(\varepsilon) \) mit

\[ \frac{1}{n}\lt\varepsilon \quad\mbox{und}\quad \frac{1}{m}\lt\varepsilon \quad\mbox{für alle}\ m,n\ge M(\varepsilon), \]

  was uns auf

\[ |a_n-a_m|\lt 3\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ m,n\ge M(\varepsilon) \]

  führt. Also ist \( \{a_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) eine rationale Cauchyfolge. Wir setzen daher

\[ z:=[a_n]_{\mathbb R}\in\mathbb R \]

  und schätzen (wie im Beweis des vorigen Satzes) wie folgt ab

\[ |x_n-z| =|(z-a_n)+(a_n-x_n)| \le|z-a_n|+|a_n-x_n| \lt 3\varepsilon+\frac{1}{n} \lt 4\varepsilon \]

  für alle \( n\ge M(\varepsilon). \) Also konvergiert \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) gegen \( z\in\mathbb R. \)

Damit ist der Satz bewiesen.\( \qquad\Box \)

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.4.4 Der Häufungsstellensatz von Weierstraß

 

Eine Teilfolge \( \{x_{n_k}\}_{k=0,1,2,\ldots} \) einer gegebenen reellen Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb R \) ist eine Folge, welche sich aus den Elementen \( x_{n_1}, \) \( x_{n_2} \) usw. der ursprünglichen Folge zusammensetzt, wobei aber gilt \( n_1\lt n_2\lt\ldots \) Wir schreiben symbolisch \[ \{x_{n_k}\}_{k=0,1,2,\ldots}\subset\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \]

 

Beispiel: Die reelle Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) mit den Gliedern \[ x_n:=\left\{\begin{array}{cl} \displaystyle\frac{1}{n}\,, & \mbox{falls}\ n\ \mbox{gerade} \\ 1, & \mbox{sonst} \end{array}\right. \] besitzt die Teilfolgen \[ \{x_1,x_3,x_5,\ldots\}=\{1,1,1,\ldots\} \quad\mbox{und}\quad \{x_2,x_4,x_6,\ldots\}=\left\{\frac{1}{2},\frac{1}{4},\frac{1}{6}\,,\ldots\right\}. \]

 

Definition: Es heißt \( \xi\in\mathbb R \) eine Häufungsstelle (oder Häufungspunkt oder Häufungswert) der reellen Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb R, \) falls es eine konvergente Teilfolge \( \{x_{n_k}\}_{k=0,1,2,\ldots}\subset\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) gibt mit der Eigenschaft \[ \lim_{k\to\infty}x_{n_k}=\xi. \]

 

Beispiel: Die Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) aus dem vorigen Beispiel besitzt genau die beiden Häufungsstellen \( \xi=1 \) als Grenzwert der ersten angegebenen Teilfolge und \( \xi=0 \) als Grenzwert der zweiten angegebenen Teilfolge. Weitere Häufungsstellen gibt es nicht.

 

Das nachfolgende Resultat ist bekannt als Häufungsstellensatz von Weierstraß bzw. auch als Satz von Bolzano und Weierstraß.

 

Satz: Es sei \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb R \) eine beschränkte reelle Zahlenfolge, d.h. mit einem \( C\in[0,\infty) \) gilt \[ |x_n|\le C\quad\mbox{für alle}\ n=0,1,2,\ldots \] Dann existiert eine konvergente Teilfolge \( \{x_{n_k}\}_{k=0,1,2,\ldots}\subset\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}, \) welche \[ \lim_{k\to\infty}x_{n_k}=x \] erfüllt mit geeignetem \( x\in\mathbb R, \) so dass außerdem \( |x|\le C \) richtig ist.

 

Beweis: Wir gehen in mehreren Schritten vor.

1. Betrachte das abgeschlossene Intervall \( I_0=[-C,C]. \) Dann ist \( x_n\in I_0 \) für \( n=0,1,2,\ldots \) Setze

\[ a_0:=-C,\quad b_0:=C, \]

  und betrachte

\[ L_0:=\left[a_0,\frac{1}{2}\,(a_0+b_0)\right],\quad R_0:=\left[\frac{1}{2}\,(a_0+b_0),b_0\right]. \]

  In wenigstens einem dieser beiden Teilintervalle befinden sich unendlich viele Elemente \( x_n, \) etwa in \( L_0. \) Setze dann

\[ I_1:=L_0 \quad\mbox{sowie}\quad a_1:=a_0\,,\ b_1:=\frac{1}{2}\,(a_0+b_0), \]

  und teile \( I_1 \) auf in

\[ L_1:=\left[a_1,\frac{1}{2}\,(a_1+b_1)\right],\quad R_1:=\left[\frac{1}{2}\,(a_1+b_1),b_1\right]. \]

  In wenigstens einem dieser beiden neuen Teilintervalle befinden sich unendlich viele Elemente \( x_n. \)
2. Wir setzen dieses Verfahren fort und erhalten eine Folge \( \{I_k\}_{k=0,1,2,\ldots} \) von Teilintervallen mit

\[ \begin{array}{l} \displaystyle I_k=[a_k,b_k]\quad\mbox{der Längen}\quad b_k-a_k=\frac{2C}{2^k}\,, \\ I_0\supset I_1\supset I_2\supset I_3\supset\ldots\,,\quad a_0\le a_1\le a_2\le\ldots\ldots\le b_2\le b_1\le b_0\,. \end{array} \]

  Die Folge \( \{a_k\}_{k=0,1,2,\ldots} \) der linken Randpunkte ist eine Cauchyfolge, denn zu \( \varepsilon\gt 0 \) finden wir ein \( \ell(\varepsilon)\in\mathbb N \) als auch \( m,n\in\mathbb N \) mit \( n\ge m\ge\ell(\varepsilon), \) so dass

\[ \begin{array}{lll} |a_n-a_m|\negthickspace & = & \negthickspace\displaystyle a_n-a_m \,\le\,b_m-a_m \,=\,|b_m-a_m| \\ & = & \negthickspace\displaystyle \frac{2C}{2^m} \,\le\,\frac{2C}{2^{\ell(\varepsilon)}} \,\lt\,\varepsilon. \end{array} \]

  Es existiert daher ein \( a\in\mathbb R \) mit

\[ \lim_{k\to\infty}a_k=a, \quad\mbox{wobei}\quad a_k\le a\le b_k\quad\mbox{für alle}\ k=0,1,2,\ldots \]

3. Nun die Konstruktion der konvergenten Teilfolge: Zu vorgegebenem \( \varepsilon\gt 0 \) wähle ein \( k(\varepsilon)\in\mathbb N \) mit

\[ a-\varepsilon\lt a_{k(\varepsilon)}\le a\le b_{k(\varepsilon)}\lt a+\varepsilon. \tag{\(*\)} \]

  Setze \( \varepsilon:=\frac{1}{\ell}, \) wobei \( \ell \) die Zahlen \( \ell=1,2,3,\ldots \) durchläuft. Wegen \( (*) \) existiert zu jedem \( \ell \) ein \( n_\ell\in\mathbb N \) und damit ein \( x_{n_\ell}\in\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) mit

\[ a-\frac{1}{\ell}\le x_{n_\ell}\le a+\frac{1}{\ell} \quad\mbox{für alle}\ \ell=1,2,\ldots \]

  Das führt uns auf eine Folge \( \{n_\ell\}_{\ell=1,2,\ldots} \) mit \( n_1\lt n_2\lt\ldots \) und somit auf eine Folge \( \{x_{n_\ell}\}_{\ell=1,2,\ldots}\subset\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) mit

\[ \lim_{\ell\to\infty}x_{n_\ell}=a, \]

  wobei \( a\in I_k \) für alle \( k=0,1,2,\ldots \)

Nach Umbenennen der Indizes \( n_1,n_2,\ldots \) ist der Beweis vollständig.\( \qquad\Box \)

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.4.5 Monotone Zahlenfolgen

 

Definition: Die reelle Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb R \) heißt

\( \circ \) monoton wachsend (streng monoton wachsend), falls
 
\( x_n\le x_{n+1}\quad(x_n\lt x_{n+1})\quad \) für alle \( n=0,1,2,\ldots \)
\( \circ \) monoton fallend (streng monoton fallend), falls
 
\( x_n\ge x_{n+1}\quad(x_n\gt x_{n+1})\quad \) für alle \( n=0,1,2,\ldots \)

 

Das folgende Konvergenzkriterium formulieren wir für monoton wachsende Zahlenfolgen. Eine entsprechende Aussage gilt natürlich auch für monoton fallende Folgen. Sein Beweis ist eine erste Anwendung des Weierstraßschen Häufungsstellensatzes.

 

Satz: Die reelle Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb R \) sei monoton wachsend und beschränkt, d.h. es gelten \[ x_n\le x_{n+1} \quad\mbox{und}\quad x_n\le C \quad\mbox{für alle}\ n=0,1,2,\ldots \] mit einem \( C\in\mathbb R. \) Dann ist die Folge in \( \mathbb R \) konvergent.

 

Beweis: Wir gehen in mehreren Schritten vor:

1. Die vorausgesetzte Beschränktheit und Monotonie sichern zunächst

\[ |x_n|\le C_1:=\max\{|x_0|,C\}\,,\quad n=0,1,2,\ldots \]

  Also existiert eine konvergente Teilfolge \( \{x_{n_k}\}_{k=0,1,2,\ldots}\subset\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) mit

\[ \lim_{k\to\infty}x_{n_k}=x\in\mathbb R. \]

  Zu zeigen ist \( x_n\to x \) für \( n\to\infty. \)
2. Wegen der vorausgesetzten Monotonie ist (Folgenindizes und Teilfolgenindizes gegenseitig abzählen)

\[ x_n\le x_{n_k}\quad\mbox{für alle}\ k\ge n, \]

  was bedeutet

\[ x_n\le\lim_{k\to\infty}x_{n_k}=x\le C\quad\mbox{für alle}\ n=0,1,2,\ldots \tag{\(*\)} \]

3. Wegen der Konvergenz der Teilfolge \( \{x_{n_k}\}_{k=0,1,2,\ldots} \) existiert zu \( \varepsilon\gt 0 \) ein \( K(\varepsilon)\in\mathbb N \) mit

\[ |x_{n_k}-x|<\varepsilon\quad\mbox{für alle}\ k\ge K(\varepsilon) \]

  bzw. nach Auflösen des Betrages sowie erneuter Beachtung der Monotonie

\[ x-\varepsilon\le x_{n_k}\le x\quad\mbox{für alle}\ k\ge K(\varepsilon). \tag{\(**\)} \]

  Zu dem \( K(\varepsilon)\in\mathbb N \) gibt es aber auch ein \( N(K)\in\mathbb N \) mit

\[ x_{n_{K(\varepsilon)}}\le x_n\quad\mbox{für alle}\ n\ge N(K) \]

  bzw. mit \( (*) \) und \( (**) \)

\[ x-\varepsilon\le x_{n_{K(\varepsilon)}}\le x_n\le x\quad\mbox{für alle}\ n\ge N(K). \] Die Behauptung folgt mit \( \varepsilon\to 0.\qquad\Box \)

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.4.6 Der erweiterte reelle Zahlenraum

 

Wir vereinbaren die folgenden beiden Schreibweisen:

\( \circ \) Existiert zu jedem \( c\in\mathbb R \) ein \( N(c)\in\mathbb N, \) so dass
 
\( x_n\ge c\quad\mbox{für alle}\ n\ge N(c), \)
  so schreiben wir
 
\( \displaystyle\lim_{n\to\infty}x_n=+\infty. \)
\( \circ \) Existiert zu jedem \( c\in\mathbb R \) ein \( N(c)\in\mathbb N, \) so dass
 
\( x_n\le c\quad\mbox{für alle}\ n\ge N(c), \)
  so schreiben wir
 
\( \displaystyle\lim_{n\to\infty}x_n=-\infty. \)

 

Mit den hier auftretenden uneigentlichen Elementen \( -\infty \) und \( +\infty \) kommen wir zur

 

Definition: Als erweiterten reellen Zahlenraum \( \overline{\mathbb R} \) verstehen wir die Menge \[ \overline{\mathbb R}:=\mathbb R\cup\{-\infty\}\cup\{+\infty\}\,. \]

 

Jetzt ergänzen wir obigen Begriff der Häufungsstelle:

 

Definition: Es heißt auch ein Element \( \xi\in\{-\infty,+\infty\} \) Häufungsstelle der reellen Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\overline{\mathbb R}, \) falls eine Teilfolge \( \{x_{n_k}\}_{k=0,1,2,\ldots}\subset\{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) existiert mit \[ \lim_{k\to\infty}x_{n_k}=\xi. \]

 

In \( \overline{\mathbb R} \) besitzt nun jede reelle Zahlenfolge eine Häufungsstelle.

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.4.7 Infimum und Supremum

 

Wir beginnen mit dem

 

Satz: Es sei \( C\in\mathbb R, \) und es sei \( M \) eine nichtleere, nach oben beschränkte Menge vermöge \[ x\le C\quad\mbox{für alle}\ x\in M. \] Dann existiert ein durch \( M \) eindeutig bestimmtes \( \sigma\in\mathbb R, \) so dass folgende beiden Aussagen richtig sind:

\( \circ \) Für alle \( x\in M \) gilt \( x\le\sigma. \)
\( \circ \) Zu jedem \( \varepsilon\gt 0 \) existiert ein \( y\in M \) mit \( \sigma-\varepsilon\le y\le\sigma. \)

 

Eine entsprechende Aussage ist richtig für nach unten beschränkte Mengen: Dann existiert eine durch \( M \) eindeutig bestimmte Zahl \( \tau\in\mathbb R \) mit \[ \begin{array}{l} x\ge\tau\quad\mbox{für alle}\ x\in M, \\ \mbox{zu jedem}\ \varepsilon\gt 0\ \mbox{existiert ein}\ y\in M\ \mbox{mit}\ \tau\le y\le\tau+\varepsilon. \end{array} \]

 

Definition: Sei \( M \) nichtleer und nach oben beschränkt. Dann heißt obige Zahl \( \sigma\in\mathbb R \) das Supremum von \( M, \) in Zeichen \[ \sigma=\sup M. \] Im Fall \( \sigma\in M \) sprechen wir von einem Maximum. Entsprechend bezeichnen wir für eine nichtleere und nach unten beschränkte Menge die obige Zahl \( \tau\in\mathbb R \) als das Infimum von \( M, \) in Zeichen \[ \tau=\inf M, \] und sprechen von einem Minimum, falls \( \tau\in M. \)

 

Unter einer oberen Schranke einer nichtleeren, nach oben beschränkten Menge \( M \) verstehen wir eine Zahl \( \sigma^*\in\mathbb R \) mit der Eigenschaft \[ x\le\sigma^*\quad\mbox{für alle}\ x\in M. \] Also ist das Supremum \( \sigma=\sup M \) einer solchen Menge ihre kleinste obere Schranke. Entsprechend stellt das Infimum \( \tau=\inf M \) einer nichtleeren und nach unten beschränkten Menge die größte untere Schranke von \( M \) dar.

 

Definition: Es sei \( M\subset\overline{\mathbb R} \) eine nichtleere Menge, wobei \( M\not=\{-\infty\} \) und \( M\not=\{+\infty\}. \) Genau dann schreiben wir \[ \sup M=+\infty\,, \] wenn zu jedem \( c\in\mathbb R \) ein \( x\in M \) existiert mit \( x\ge c. \) Weiter schreiben wir genau dann \[ \inf M=-\infty\,, \] wenn zu jedem \( c\in\mathbb R \) ein \( x\in M \) existiert mit \( x\le c. \)

 

Schließlich vereinbaren wir \[ \begin{array}{l} \sup M=-\infty\quad\mbox{genau dann, wenn}\quad M=\{-\infty\}\ \mbox{oder}\ M=\emptyset\,, \\ \inf M=+\infty\quad\mbox{genau dann, wenn}\quad M=\{+\infty\}\ \mbox{oder}\ M=\emptyset\,. \end{array} \]

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.4.8 Limes inferior und Limes superior

 

Definition: Es sei \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\overline{\mathbb R} \) eine reelle Zahlenfolge, und es sei \( E\subset\overline{\mathbb R}, \) \( E\not=\emptyset, \) die Menge ihrer Häufungsstellen. Dann heißt \[ \liminf_{n\to\infty}x_n:=\inf E \] der limes inferior (unterer Grenzwert) und \[ \limsup_{n\to\infty}x_n:=\sup E \] der limes superior (oberer Grenzwert) der Folge.

 

Beispiel: Es gelten \[ \liminf_{n\to\infty}(-1)^n=-1,\quad \limsup_{n\to\infty}(-1)^n=+1 \] als auch \[ \limsup_{n\to\infty}n=+\infty\,. \]

 

Aufgaben zu diesem Abschnitt

 


 

 

3.4.9 Aufgaben

 

Aufgaben zu Konvergente und divergente Zahlenfolgen

 

Aufgabe 3.4.1: (Ein Beweis zu Nullfolgen)

Es seien \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) eine reelle Zahlenfolge und \( \{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) eine reelle Nullfolge mit \[ |x_n|\le|y_n|\quad\mbox{für alle}\ n=0,1,2,\ldots \] Beweisen Sie, dass dann auch \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) eine Nullfolge ist.

 

Aufgabe 3.4.2: (Eindeutigkeit des Grenzwertes)

Es sei \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb R \) eine konvergente Zahlenfolge mit \[ x=\lim_{n\to\infty}x_n \quad\mbox{und}\quad y=\lim_{n\to\infty}x_n\,. \] Beweisen Sie, dass dann gilt \( x=y. \)

 

Aufgaben zu Erste Eigenschaften konvergenter Zahlenfolgen

 

Aufgabe 3.4.3: (Schranken konvergenter Zahlenfolgen)

Beweisen Sie, dass für jede konvergente reelle Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) eine reelles \( C\gt 0 \) existiert mit \[ |x_n|\le C\quad\mbox{für alle}\ n=0,1,2,\ldots \]

 

 

Aufgabe 3.4.4: (Summe und Produkt von Grenzwerten)

Es seien \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb R \) und \( \{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb R \) konvergente reelle Zahlenfolgen mit \[ x=\lim_{n\to\infty}x_n \quad\mbox{und}\quad y=\lim_{n\to\infty}y_n. \] Beweisen Sie die folgenden Aussagen.

(i) Es gilt \( \displaystyle\lim_{n\to\infty}(x_n+y_n)=x+y. \)
(ii) Es gelten \( \displaystyle\lim_{n\to\infty}(x_n\cdot y_n)=x\cdot y \) und \( \displaystyle\lim_{n\to\infty}(\alpha\cdot x_n)=\alpha\cdot x \) für alle \( \alpha\in\mathbb R. \)
(iii) Falls \( x_n\not=0 \) für alle \( n\in\mathbb N \) und \( x\not=0, \) so gilt \( \displaystyle\lim_{n\to\infty}\frac{1}{x_n}=\frac{1}{x}. \)

 

Aufgabe 3.4.5\(^*\): (Bestimmen von Grenzwerten I)

Entscheiden Sie, ob die folgenden Zahlenfolgen konvergieren oder divergieren, und bestimmen Sie ggf. ihren Grenzwert.

(i) \( \displaystyle\left\{\frac{n}{n+1}\right\}_{n=1,2,\ldots} \) (ii) \( \displaystyle\left\{\frac{n+1}{n^3+4}\right\}_{n=1,2,\ldots} \)
(iii) \( \displaystyle\Big\{\sqrt{n+1}-\sqrt{n}\Big\}_{n=1,2,\ldots} \) (iv) \( \displaystyle\left\{-n+\sqrt{1+n+n^2}\right\}_{n=1,2,\ldots} \)
(v) \( \displaystyle\Big\{n-\sqrt{n+1}\sqrt{n+2}\Big\}_{n=1,2,\ldots} \) (vi) \( \displaystyle\left\{\sqrt[4]{n^2+1}-\sqrt[4]{n^2}\right\}_{n=1,2,\ldots} \)

 

Aufgabe 3.4.6: (Bestimmen von Grenzwerten II)

Entscheiden Sie, ob die folgenden Zahlenfolgen konvergieren oder divergieren, und bestimmen Sie ggf. ihren Grenzwert.

(i) \( \displaystyle\left\{\frac{1}{n^2}+\frac{2}{n^2}+\frac{3}{n^2}+\ldots+\frac{n}{n^2}\right\}_{n=1,2,\ldots} \)
(ii) \( \displaystyle\left\{\left(1+\frac{1}{2}\right)\cdot\left(1+\frac{1}{3}\right)\cdot\left(1+\frac{1}{4}\right)\cdot\ldots\cdot\left(1+\frac{1}{n}\right)\right\}_{n=2,3,\ldots} \)
(iii) \( \displaystyle\left\{\left(1-\frac{1}{4}\right)\cdot\left(1-\frac{1}{9}\right)\cdot\left(1-\frac{1}{16}\right)\cdot\ldots\cdot\left(1-\frac{1}{n^2}\right)\right\}_{n=2,3,\ldots} \)

 

Aufgaben zu Dichtheit der rationalen Zahlen, Vollständigkeit der reellen Zahlen

 

Aufgabe 3.4.7\(^*\): (Dichtheit der irrationalen Zahlen)

Betrachten Sie die Menge \[ M:=\sqrt{2}+\mathbb Q=\{\sqrt{2}+q\,:\,q\in\mathbb Q\}\,. \]

(i) Beweisen Sie, dass \( M\subset\mathbb R\setminus\mathbb Q. \)
(ii) Beweisen Sie, dass \( M \) dicht in \( \mathbb R \) liegt.

Hinweis und Bemerkung: Verwenden Sie, dass \( \mathbb Q \) dicht in \( \mathbb R \) liegt. Aus der Aufgabe folgt sofort die Dichtheit der irrationalen Zahlen in \( \mathbb R \) - wissen Sie, warum?

 

Aufgabe 3.4.8: (Beispiel zum Cauchyschen Vollständigkeitskriterium)

Betrachten Sie die rekursiv gegebene Zahlenfolge \[ \{x_n\}_{n=1,2,\ldots}\subset\mathbb Q \quad\mbox{mit}\quad x_1:=1,\ x_{n+1}:=1+\frac{1}{1+x_n}\ \mbox{für alle}\ n\gt 1. \]

(i) Berechnen Sie die Glieder \( x_2, \) \( x_3, \) \( x_4 \) und \( x_5. \)
(ii) Beweisen Sie, dass \( 1\le x_n\le 2 \) für alle \( n\in\mathbb N. \)
(iii) Folgern Sie damit, dass ein \( q\in(0,1) \) existiert mit

\[ |x_{n+1}-x_n|\le q^{n-1}|x_2-x_1|\quad\mbox{für alle}\ n=1,2,\ldots, \]

  und dass \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) somit eine Cauchyfolge in \( \mathbb Q \) ist, die in \( \mathbb R \) konvergiert.
(iv) Wie lautet ihr Grenzwert?

 

Aufgaben zu Der Häufungsstellensatz von Weierstraß

 

Aufgabe 3.4.9: (Häufungsstellen einer konvergenten Folge)

(i) Beweisen Sie die Richtigkeit von

\[ n\lt 2^n\quad\mbox{für alle}\ n\in\mathbb N. \]

(ii) Beweisen Sie die Richtigkeit von

\[ 2n+1\lt 2^n\quad\mbox{für alle}\ n\in\mathbb N,\ n\ge 3. \]

(iii) Beweisen Sie die Richtigkeit von

\[ n^2\lt 2^n\quad\mbox{für alle}\ n\in\mathbb N,\ n\ge 5. \]

(iv) Bestimmen Sie nun alle Häufungsstellen der Folge

\[ \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \quad\mbox{mit}\quad x_n:=\frac{n}{2^n}\,. \]

 

Aufgabe 3.4.10\(^*\): (Häufungsstellen von Zahlenfolgen)

Bestimmen Sie alle Häufungsstellen der folgenden reellen Zahlenfolgen.

(i) \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) mit \( \displaystyle x_n=\frac{n}{2^n}+(-1)^n \)
(ii) \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) mit \( \displaystyle x_n=1+\frac{(-1)^n}{n} \)
(iii) \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) mit \( \displaystyle x_n=1+2^{(-1)^n} \)

 

Aufgabe 3.4.11: (Eine Charakterisierung von Folgenkonvergenz)

Es seien \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) eine reelle Zahlenfolge und \( x\in\mathbb R. \) Beweisen Sie die Äquivalenz der folgenden beiden Aussagen:

(i) Die Folge \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots} \) konvergiert gegen \( x. \)
(ii) Die Teilfolgen \( \{x_{2n}\}_{n=0,1,2,\ldots} \) und \( \{x_{2n+1}\}_{n=0,1,2,\ldots} \) konvergieren gegen \( x. \)

 

Aufgaben zu Monotone Zahlenfolgen

 

Aufgabe 3.4.12: (Monotone Konvergenz)

Betrachten Sie die rationale Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots}\subset\mathbb Q \) vermöge \[ x_n:=\frac{3n-1}{n^2}\,,\quad n=1,2,\ldots \]

(i) Bestimmen Sie, ob die Folge monoton fallend oder monoton wachsend ist.
(ii) Bestimmen Sie ein \( C\in\mathbb R \) mit \( |x_n|\le C \) für alle \( n=1,2,\ldots \)
(iii) Begründen Sie mit einem Satz aus der Vorlesung, dass die Folge in \( \mathbb R \) konvergiert. Wie lautet ihr
  Grenzwert?

 

Aufgabe 3.4.13\(^*\): (Die rationalen Zahlen sind nicht vollständig)

Betrachten Sie die durch \[ x_1:=1,\quad x_{n+1}:=\frac{x_n}{2}+\frac{1}{x_n}\quad\mbox{für}\ n=2,3,\ldots \] gegebene rekursive Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \)

(i) Berechnen Sie \( x_2, \) \( x_3 \) und \( x_4. \)
(ii) Beweisen Sie, dass \( x_n\gt 0 \) für alle \( n=1,2,\ldots \) richtig ist.
(iii) Beweisen Sie, dass \( x_n\ge\sqrt{2} \) für alle \( n=2,3,\ldots \) richtig ist.
(iv) Beweisen Sie, dass \( \{x_n\}_{n=2,3,\ldots} \) monoton fällt und gegen ein \( x\in\mathbb R \) konvergiert.
(v) Bestimmen Sie den Grenzwert der Folge. Gilt \( x\in\mathbb Q? \)

 

Hinweis zu (iii): Schätzen Sie eventuell \( x_n^2-2 \) nach unten ab.

 

Aufgabe 3.4.14: (Grenzwert einer iterierten Wurzel)

(i) Beweisen Sie: Ist \( x\in(0,2) \) eine reelle Zahl, so gilt \( x\lt\sqrt{2x}\lt 2. \)
(ii) Beweisen Sie, dass die durch

\[ x_1:=\sqrt{2}\,,\quad x_2:=\sqrt{2\sqrt{2}}\,,\quad x_3:=\sqrt{2\sqrt{2\sqrt{2}}} \quad\mbox{usw.} \]

  gegebene Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) konvergiert.
(iii) Bestimmen Sie den Grenzwert dieser Folge.

(M. Spivak Calculus, Aufgabe 5 zu Kapitel 22)

 

Aufgaben zu Der erweiterte reelle Zahlenraum

 

Aufgabe 3.4.15: (Eigene Beispiele unbeschränkter Zahlenfolgen)

(i) Ermitteln Sie je ein Beispiel einer reellen Zahlenfolge \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) mit

\[ \lim_{n\to\infty}x_n=-\infty \quad\mbox{oder}\quad \lim_{n\to\infty}x_n=+\infty\,. \]

(ii) Ermitteln Sie zwei Folgen \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) und \( \{y_n\}_{n=1,2,\ldots} \) mit den Eigenschaften

\[ \lim_{n\to\infty}x_n=0, \ \lim_{n\to\infty}y_n=+\infty\,, \ \lim_{n\to\infty}(x_n+y_n)=+\infty\,, \ \lim_{n\to\infty}(x_n\cdot y_n)\in\mathbb R. \]

 

Aufgaben zu Infimum und Supremum

 

Aufgabe 3.4.16: (Minimum und Maximum zweier Zahlen)

Verifizieren Sie:

(i) \( \displaystyle\max\{x,y\}=\frac{1}{2}\,\big(x+y+|x-y|\big) \)
(ii) \( \displaystyle\max\{x,y\}=\frac{1}{2}\,\big(x+y-|x-y|\big) \)

 

Aufgabe 3.4.17\(^*\): (Infimum und Supremum von Mengen I)

Geben Sie, ohne weitere Begründung und falls existent, eine untere Schranke, eine obere Schranke sowie Infimum und Supremum folgender Mengen. Entscheiden Sie, ob es sich sogar um ein Minimum bzw. ein Maximum handelt.

(i) \( \displaystyle A:=\left\{\frac{1}{n}\,:\,n\in\mathbb N\right\} \) (ii) \( \displaystyle B:=\left\{\frac{1}{n}+(-1)^n\,:\,n\in\mathbb N\right\} \)
(iii) \( \displaystyle C:=\big\{x\in\mathbb R\,:\,x^2-1\le 0\big\} \) (iv) \( \displaystyle D:=\left\{x\in\mathbb Q\,:\,0\le x\lt\sqrt{2}\right\} \)
(v) \( \displaystyle E:=\{x\in\mathbb R\,:\,x^2\lt x+1\} \) (vi) \( \displaystyle F:=\left\{\frac{2n+3}{3-4n}\,:\,n\in\mathbb N\right\} \)
(vii) \( \displaystyle G:=\left\{\frac{|x|}{1+|x|}\,:\,x\in\mathbb R\right\} \) (viii) \( \displaystyle H:=\left\{\frac{1}{m}+\frac{1}{n}\,:\,m,n\in\mathbb N\right\} \)

 

Aufgabe 3.4.18: (Infimum und Supremum von Mengen II)

Geben Sie

(i) eine abzählbar unendliche Menge \( C\subset\mathbb R \) und
(ii) eine überabzählbare Menge \( C\subset\mathbb R \)

an, jeweils mit den vier Eigenschaften \[ 0\in C,\quad 1\not\in C,\quad \inf C=0,\quad \sup C=1. \]

 

Aufgaben zu Limes inferior und limes superior

 

Aufgabe 3.4.19\(^*\): (Berechnen von limes inferior und limes superior)

Ermitteln Sie limes inferior und limes superior der folgenden Zahlenfolgen durch Betrachten geeigneter Teilfolgen und Berechnen derer Grenzwerte. Liegt bei den Folgen \( \{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) eventuell sogar Konvergenz vor?

(i) \( \displaystyle\{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) mit \( \displaystyle x_n=\frac{(-1)^n}{n} \)
(ii) \( \displaystyle\{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) mit \( \displaystyle x_n=1+(-1)^n \)
(iii) \( \displaystyle\{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) mit \( \displaystyle x_n=\frac{1}{n}+\big[1+(-1)^n\big]\cdot n \)
(iv) \( \displaystyle\{x_n\}_{n=1,2,\ldots} \) mit \( \displaystyle x_n=\left\{\begin{array}{cl} \displaystyle (-1)^\frac{n}{2}\,\frac{n}{n+1}\,, & \mbox{falls}\ n\ \mbox{gerade} \\ \displaystyle \frac{n^2-1}{2n^2+1}\,, & \mbox{falls}\ n\ \mbox{ungerade} \end{array}\right. \)

 

Aufgabe 3.4.20: (Limes superior des Produkts von Zahlenfolgen)

Es seien \( \{x_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb R \) und \( \{y_n\}_{n=0,1,2,\ldots}\subset\mathbb R \) zwei beschränkte reelle Zahlenfolgen.

(i) Geben Sie ein Beispiel zweier solcher Folgen, so dass gilt

\[ \limsup_{n\to\infty}(x_n\cdot y_n)\gt\limsup_{n\to\infty}x_n\cdot\limsup_{n\to\infty}y_n\,. \]

(ii) Geben Sie ein Beispiel zweier solcher Folgen mit \( x_n\ge 0, \) \( y_n\ge 0 \) für alle \( n=0,1,2,\ldots \) sowie

\[ \limsup_{n\to\infty}(x_n\cdot y_n)\lt\limsup_{n\to\infty}x_n\cdot\limsup_{n\to\infty}y_n\,. \]

(iii) Beweisen Sie nun allgemein: Gelten \( x_n\ge 0 \) und \( y_n\ge 0 \) für alle \( n=0,1,2,\ldots, \) so gilt

\[ \limsup_{n\to\infty}(x_n\cdot y_n)\le\limsup_{n\to\infty}x_n\cdot\limsup_{n\to\infty}y_n\,. \]

 


 

 

3.4.10 Wiederholungsfragen

 

1. Was versteht man unter einer reellen Cauchyfolge?
2. Was versteht man unter einer reellen Nullfolge?
3. Wann heißt eine reelle Zahlenfolge gegen ein \( x\in\mathbb R \) konvergent?
4. Warum ist ein solcher Grenzwert eindeutig?
5. Begründen Sie, dass konvergente Folgen beschränkt sind.
6. Was versteht man unter der Dichtheit von \( \mathbb Q \) in \( \mathbb R?\)
7. Was besagt das Cauchysche Konvergenzkriterium?
8. Beweisen Sie, dass jede konvergente Folge eine Cauchyfolge ist.
9. Was versteht man unter einer Häufungsstelle einer Zahlenfolge?
10. Was besagt der Häufungsstellensatz von Weierstraß?
11. Wann heißt eine Zahlenfolge (streng) monoton wachsend bzw. (streng) monoton fallend?
12. Welches Konvergenzkriterium haben wir für monotone und beschränkte Folgen kennengelernt?
13. Was versteht man unter dem erweiterten Zahlenraum \( \overline{\mathbb R}? \)
14. Nennen Sie eine wichtige Motivation zur Einführung von \( \overline{\mathbb R}. \)
15. Wie sind Infimum und Supremum einer (nichtleeren und beschränkten) Menge erklärt?
16. Wie sind limes inferior und limes superior einer Zahlenfolge erklärt?
17. Wie könnten diesen Begriffe mit dem Begriff des Grenzwerts einer Zahlenfolge zusammenhängen?